In dem Musterverfahren der Wettbewerbszentrale gegen den Elektronikanbieter Comtech, in dem der EuGH im März zur Frage zur Zulässigkeit der Verwendung von kostenpflichtigen Service-Rufnummern entschieden hatte, hat die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung beim Landgericht Stuttgart am heutigen Tage den Unterlassungsanspruch anerkannt. Es erging sodann ein Anerkenntnisurteil (LG Stuttgart, Az. 1 O 21/15).
Der Beklagten ist es künftig untersagt, im Rahmen ihres auf den Vertrieb von Elektro- und Elektronikartikeln gerichteten Geschäftsbetriebes Verbrauchern nach Abschluss eines entgeltlichen Vertrages die Möglichkeit einer Kontaktaufnahme zum Zwecke der Klärung von Fragen zum Vertrag über eine Telefonnummer anzubieten, bei der ein Anruf aus dem Festnetz € 0,14 pro Minute oder mehr und ein Anruf aus dem Mobilfunknetz bis zu € 0,42 oder mehr die Minute kostet.
Der Hintergrund:
Die Wettbewerbszentrale hatte gegen den Elektro- und Elektronikhändler Unterlassungsklage vor dem LG Stuttgart erhoben. Der beklagte Händler hatte Verbrauchern, die mit ihm einen Vertrag über den Onlineshop abgeschlossen hatten, zur telefonischen Kontaktaufnahme eine kostenpflichtige 01805-Nummer (14 Cent/Minute aus dem Festnetz bzw. max. 42 Cent/Minute aus dem Mobilfunknetz) angeboten. Die Wettbewerbszentrale sah darin einen Verstoß gegen § 312a Abs. 5 S. 1 BGB. Danach ist eine Vereinbarung, durch die ein Verbraucher verpflichtet wird, wegen Fragen oder Erklärungen zu einem geschlossenen Vertrag höhere Kosten zu zahlen, als für die bloße Nutzung des Telekommunikationsdienstes, unzulässig. Die Vorschrift dient der Umsetzung von Art. 21 der EU-Verbraucherrechterichtlinie (VRRL), wonach der Verbraucher nicht verpflichtet werden darf, für die telefonische Kontaktaufnahme mehr als den Grundtarif zahlen zu müssen.
Das Landgericht hatte dem EuGH unter anderem die Frage, was unter einem „Grundtarif“ im Sinne der EU-Richtlinie zu verstehen ist, zur Vorabentscheidung vorlegt.
Die EuGH-Entscheidung:
Der EuGH hatte die vom LG Stuttgart gestellten Fragen in seinem Urteil dahingehend beantwortet, dass der nach der Richtlinie zulässige „Grundtarif für eine solche Telefonnummer im gewöhnlichen Sprachgebrauch den Kosten für einen gewöhnlichen Anruf gleichzusetzen sei (EuGH, Urteil vom 02.03.2017, Rs. C-568/15). Entsprechend sei auch die Regelung in der Verbraucherrechterichtlinie, die ein hohes Verbraucherschutzniveau bezweckt, in diesem üblichen Sinn zu verstehen. Würden für einen solchen Anruf höhere Kosten berechnet als der Tarif für einen gewöhnlichen Anruf zu einem geographischen Festnetzanschluss, könnten Verbraucher davon abgehalten werden, die angegebene Servicerufnummer zu nutzen, um Informationen zum Vertrag zu erhalten oder Rechte im Bereich der Gewährleistung oder Widerruf geltend zu machen. Nach Auffassung des EuGH kommt es, soweit die Grenze der Kosten eines gewöhnlichen Anrufs beachtet wird, auch nicht darauf an, ob der die Rufnummer verwendende Unternehmer Entgelte aus der Nutzung einer solchen Rufnummer erzielt.
Was Unternehmer bei der Nutzung von kostenpflichtigen Kundenservice-Rufnummern beachten sollten – Leitfaden der Wettbewerbszentrale
Die Wettbewerbszentrale hat bereits im März 2017 einen Leitfaden für Unternehmen zur Verwendung von kostenpflichtigen Servicerufnummern erstellt, der hier kostenlos abrufbar ist.
Weiterführende Informationen
pbg
Weitere aktuelle Nachrichten
-
Wettbewerbszentrale beanstandet unerlaubte Bewertungsaufforderungen
-
OLG Nürnberg: Referenzpreis muss unschwer zu ermitteln sein
-
Wettbewerbszentrale moniert Blickfangwerbung auf Tierfutterverpackungen als irreführend
-
Rückblick: Herbstseminar 2024 der Wettbewerbszentrale mit gelungenem Auftakt
-
EuGH: Ein gestiegener Preis kann kein „Highlight“ sein