Wie der Bundesgerichtshof (BGH) gestern mitteilte, kommt eine Haftung des Internet-Auktionshauses eBay wegen Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrssicherungspflicht auch dann in Betracht, wenn es selbst nicht Anbieter jugendgefährdender Medien ist. Im aktuell entschiedenen Fall muss eBay ab Kenntnis von einem konkreten jugendgefährdenden Angebot nicht nur dieses konkrete Angebot unverzüglich sperren, sondern auch Vorsorge dafür treffen, dass es möglichst nicht zu weiteren gleichartigen Rechtsverletzungen kommt. eBay müsse deshalb verhindern, dass die ihr konkret benannten jugendgefährdenden Medien von anderen Verkäufern erneut auf ihrer Plattform angeboten werden. Weiterhin treffe eBay eine Prüfungspflicht dahingehend, dass derselbe Versteigerer nicht andere nach Kategorie und Medium entsprechende indizierte Werke anbiete. Der BGH hat damit seine in Bezug auf Markenverletzungen bei Fremdversteigerungen entwickelte Rechtsprechung weiter fortgeführt.
Der Fall im Einzelnen:
Die Beklagte eBay bietet eine Plattform für Fremdversteigerungen im Internet. Dabei werden die Angebote von den Anbietern eingestellt, ohne dass die Beklagte zuvor Kenntnis davon hat. Der Kläger, ein Interessenverband des Video- und Medienfachhandels, wendet sich dagegen, dass auf der Plattform eBay im Zeitraum von Juli 2001 bis Mai 2002 in verschiedenen Fällen indizierte jugendgefährdende Medien angeboten worden sind. Er sieht darin ein wettbewerbswidriges Handeln der Beklagten.
Das Landgericht und das Berufungsgericht haben die auf Unterlassung gerichtete Klage abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Revision hatte Erfolg.
Der Bundesgerichtshof hat darauf abgestellt, dass die Beklagte die ernsthafte und naheliegende Gefahr geschaffen hat, dass ihre Internetplattform von Verkäufern zum Vertrieb indizierter jugendgefährdender Schriften genutzt wird. Verstöße gegen das Verbot des Versandhandels mit jugendgefährdenden Medien beeinträchtigten Interessen der besonders schutzwürdigen jugendlichen Verbraucher, die auch das Wettbewerbsrecht schütze. In Übereinstimmung mit seiner markenrechtlichen Rechtsprechung hat der BGH jedoch betont, dass die Beklagte keine unzumutbaren Prüfungspflichten treffen, die das gesamte Geschäftsmodell in Frage stellen würden. Eine Verpflichtung zur Sperrung von Auktionsangeboten besteht zudem nur insoweit, als nicht durch ein wirksames Altersverifikationssystem sichergestellt ist, dass kein Versand an Kinder und Jugendliche erfolgt.
Nach der zu Markenverletzungen entwickelten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Urt. v. 19.4.2007 – I ZR 35/04) betrifft das im Telemediengesetz (TMG) geregelte Haftungsprivileg für Host-Provider nur die strafrechtliche Verantwortlichkeit und die Schadensersatzhaftung, nicht dagegen den Unterlassungsanspruch. Das gilt auch im Wettbewerbsrecht.
Da es noch an für eine abschließende Beurteilung erforderlichen Feststellungen fehlt, hat der Bundesgerichtshof die Sache an das Oberlandesgericht Brandenburg zurückverwiesen. In der erneuten Verhandlung wird insbesondere zu klären sein, was im vorliegenden Fall gleichartige Angebote sind, auf die sich die Prüfungspflicht der Beklagten beschränkt, und welche Filterprogramme oder sonstigen technischen Möglichkeiten der Beklagten zur Verfügung stehen, um jugendgefährdende Medienangebote zu identifizieren.
Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs Nr. 98/2007 zum Urteil vom 12. Juli 2007, Az. I ZR 18/04 – Jugendgefährdende Medien bei eBay
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