Der BGH hat in einer jüngst veröffentlichten Entscheidung (BGH, Urteil vom 15.12.2022, Az. I ZR 8/19) den Verkauf von Mitgliedschaften zur Erlangung von Versicherungsschutz im Rahmen einer Gruppenversicherung als erlaubnispflichtige Versicherungsvermittlung eingestuft.
Die beklagte Gesellschaft beauftragte Werbeunternehmen damit, im Wege der Haustürwerbung Verbrauchern den Beitritt zu einer „T. M. A. A. A. GmbH Mitgliedergemeinschaft“ anzubieten. Die Mitgliedschaft berechtigte zur Inanspruchnahme verschiedener Leistungen im Fall einer Erkrankung oder eines Unfalls im Ausland. Hierzu zählten die Erstattung der Kosten für medizinisch notwendige Heilbehandlungen und Krankentransporte, die Organisation und Durchführung entsprechender Transporte sowie der Betrieb einer telefonisch erreichbaren „Alarmzentrale“. Die versprochenen Versicherungsleistungen wurden aus dem Vermögen der Beklagten direkt und über von der Beklagten an ihre Kunden abgetretene Ansprüche aus einer Gruppenversicherung bei der W. Versicherungs-AG erbracht.
Diesen Verkauf der Mitgliedschaften zur Erlangung des Versicherungsschutzes der Gruppenversicherung stuft der BGH in seiner Entscheidung als erlaubnispflichtige gewerbliche Versicherungsvermittlung ein. Es spiele keine Rolle, dass die „Mitglieder“ keinen eigenen Vertrag abschließen und keine Zahlungen an die Versicherer leisten müssten. Die Tätigkeit der Beklagten sei darauf gerichtet, den „Mitgliedern“ die Deckung bestimmter Risiken über eine Versicherung zu verschaffen und dafür ein Entgelt zu erhalten. Das sei mit der Tätigkeit eines klassischen Versicherungsvermittlers vergleichbar.
Für die Vermittlerbranche wichtig ist dabei auch die Feststellung des BGH, dass es sich bei den Bestimmungen zur Erlaubnispflicht der Versicherungsvermittlung um sogenannte Marktverhaltensregeln handelt, deren Einhaltung über die Vorschriften des UWG im Wege der zivilrechtlichen Selbstkontrolle erzwungen werden kann.
Ebenso bedeutsam ist die Entscheidung des BGH auch deswegen, weil er ein Schreiben der zuständigen IHK mit deren Rechtsansicht über die Erlaubnisfreiheit der Tätigkeit der Beklagten nicht hat ausreichen lassen, den Vorwurf der unlauteren Verhaltens gegen die Beklagte zu entkräften. Dies wäre nur dann der Fall gewesen, wenn der Beklagten ihre Tätigkeit mit einem Verwaltungsakt erlaubt worden wäre.
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pbg
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