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Meisterpräsenz im Gesundheitshandwerk – BGH lockert Anforderungen

Der für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat entschieden, dass es weder irreführend ist noch einen Verstoß gegen die Handwerksordnung darstellt, wenn der Meister in einem Hörgeräteakustik-Unternehmen nicht ständig anwesend ist

Der für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat entschieden, dass es weder irreführend ist noch einen Verstoß gegen die Handwerksordnung darstellt, wenn der Meister in einem Hörgeräteakustik-Unternehmen nicht ständig anwesend ist (Urteil vom 17.07.2013, Az. I ZR 222/11). Mit seinem Urteil hat der BGH die vorangegangenen Entscheidungen des Landgerichts (LG) Augsburg (Urteil vom 31.03.2011, Az. 1 HKO 3514/09) und des Oberlandesgerichts (OLG) München (Urteil vom 10.11.2011, Az. 29 U 1614/11), die der Klage stattgegeben hatten, aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Im konkreten Fall war derselbe Meister für zwei – in benachbarten Städten gelegene – Filialen eines Hörgeräteakustik-Unternehmens als Betriebsleiter in die Handwerksrolle eingetragen. Der klagende Wettbewerber sah darin einen Verstoß gegen die Handwerksordnung (HWO) sowie eine Irreführung der Kundschaft über die grundsätzliche Anwesenheit des Meisters während der Öffnungszeiten der beiden – 26 km voneinander entfernten – Filialen. Die Gerichte hatten der Klage in erster und zweiter Instanz stattgegeben. Das LG Augsburg hatte vorrangig einen Verstoß gegen die nach der bisher herrschenden Meinung in der Rechtsprechung bestehende Verpflichtung zur ständigen Meisterpräsenz im Gesundheitshandwerk angenommen. Das OLG München sah in der Eintragung des Meisters als Betriebsleiter zweier Filialen eine Irreführung im Sinne des § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG. Denn, so hieß es in den Urteilsgründen, der Verbraucher erwarte, dass der zur Ausübung gesundheitlicher Dienstleistungen Berechtigte während der Öffnungszeiten im Ladenlokal verfügbar sei oder zumindest innerhalb weniger Minuten herbeigerufen werden könne.

Der BGH hat nun auf die Revision des Beklagten hin entschieden, dass beide Ansatzpunkte im streitgegenständlichen Fall nicht zur Unzulässigkeit führen. Was den Verstoß gegen die Handwerksordnung anbelangt, so weist der BGH in seiner Presseerklärung vom 17.07.2013 (http://www.pressrelations.de/new/standard/dereferrer.cfm?r=539357) zwar noch einmal ausdrücklich darauf hin, dass bei Gesundheitshandwerken, von engen Ausnahmefällen abgesehen, für eine Betriebsstätte ständige Meisterpräsenz zu verlangen sei. Daraus folge aber nicht, so heißt es im Text der Erklärung, dass der Betreiber eines Hörgeräteakustik-Unternehmens sein Ladenlokal nicht offenhalten dürfe, wenn der Meister nicht anwesend sei. Es dürften in dieser Zeit aber nur solche Dienstleistungen erbracht werden, die nicht die Anwesenheit eines Meisters erforderten (z. B. Terminvereinbarung, Herausgabe von Batterien). Unzulässig sei es, wenn ein Meister nur gelegentlich im Betrieb zur Verfügung stünde.

Eine Irreführung hat der BGH mit der Begründung abgelehnt, dass der Verbraucher wisse, dass es in bestimmten Bereichen und insbesondere dort, wo die Erbringung der Dienstleistung in Form einer Beratung längere Zeit in Anspruch nehme, häufig üblich sei, dass diese nur nach vorheriger Terminvereinbarung erbracht würden.

Zu den Einzelheiten der Begründung bleibt die schriftliche Entscheidung des BGH abzuwarten, die bisher noch nicht vorliegt.

Quelle:

Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs Nr. 125/2013 vom 17.07.2013 >>

si

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