Home News UWG-Novelle 2022 – die wichtigsten Änderungen im Überblick – Teil II: Kundenbewertungen, belästigende Werbung, Blacklist Tatbestände und neue Rechtsfolgen

UWG-Novelle 2022 – die wichtigsten Änderungen im Überblick – Teil II: Kundenbewertungen, belästigende Werbung, Blacklist Tatbestände und neue Rechtsfolgen

Wie schon in Teil I unseres Newsbeitrags vom 23.05.2022 berichtet, tritt am 28. Mai 2022 das novellierte Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) in Kraft.

Wie schon in Teil I unseres Newsbeitrags vom 23.05.2022 berichtet, tritt am 28. Mai 2022 das novellierte Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) in Kraft. Darin haben wir den neuen Tatbestand zur Dual Quality, die Regelungen zum Influencer Marketing und die neuen Informationspflichten beim Ranking vorgestellt. In diesem Beitrag geht es insbesondere um die neuen Vorschriften zur Werbung mit Kundenbewertungen und die Neuerungen auf der Rechtsfolgenseite (Schadensersatzanspruch für Verbraucher, Bußgeldtatbestand für grenzüberschreitende Wettbewerbsverstöße).

Kundenbewertungen

Gleich drei neue Regelungen treten am 28. Mai zu Kundenbewertungen in Kraft. In § 5b Abs. 3 wird eine neue Transparenzvorschrift geschaffen, die im Zusammenspiel mit § 5a Abs. 1 n.F. (= § 5a Abs. 2 a.F.) anzuwenden ist. Macht ein Unternehmer Bewertungen zugänglich, die Verbraucher im Hinblick auf Waren oder Dienstleistungen vorgenommen haben, so gelten als wesentlich Informationen darüber, ob und wie der Unternehmer sicherstellt, dass die veröffentlichten Bewertungen von solchen Verbrauchern stammen, die die Waren oder Dienstleistungen tatsächlich genutzt oder erworben haben. Es handelt sich um eine zweistufige Transparenzpflicht. Stellt der Unternehmer nicht sicher, dass die veröffentlichten Bewertungen von Käufern oder Nutzern der Waren oder Dienstleistungen stammen, muss er nur hierüber informieren. Überprüft der Unternehmer dagegen die Herkunft der Bewertungen, ist er verpflichtet, seine Kunden zu informieren, welche Prozesse und Verfahren er zur Prüfung der Echtheit ergreift. Beispielsweise kann er nur solche Bewertungen von Käufern der Waren über seine Plattform zulassen. Nach Auffassung des deutschen Gesetzgebers gehören zu den Informationen, die der Unternehmer bereitstellen muss, auch eindeutige Informationen dazu, wie mit Bewertungen im Rahmen dieses Prüfprozesses umgegangen wird, etwa nach welchen Kriterien Bewertungen aussortiert werden und ob alle Bewertungen – positive wie negative – veröffentlicht werden. Ob die Hinweispflicht bereits dann greift, wenn ein Unternehmen auf seiner Homepage oder in seinem Online-Shop solche Bewertungen verlinkt, die ein Bewertungs-Dienstleister für es aggregiert und dargestellt, ist derzeit offen und muss voraussichtlich von der Rechtsprechung geklärt werden. Dafür spricht, dass der BGH eine Haftung für verlinkte Inhalte Dritter dann annimmt, wenn der Verlinkende sich die fremden Inhalte zu eigen macht. Verlinkt ein Unternehmen auf seiner Website oder in seinem Onlineshop auf „seine“ Bewertungen, will es sich die Bewertungen wohl im Regelfall werblich zu eigen machen. Dagegen soll nach Auffassung des deutschen Gesetzgebers eine reine Verlinkung kein Zugänglichmachen von Bewertungen darstellen. Folgt man dieser Auffassung, würde der Anwendungsbereich der neuen Transparenzpflicht nur solche Unternehmen erfassen, die – wie größere Onlineshops oder manche Online-Marktplätze – eigene Bewertungssysteme unterhalten, sowie die Betreiber der Bewertungs-Plattformen.

Die UWG-Novelle bringt zu Kundenbewertungen auch zwei neue Blacklist-Tatbestände im Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG. Nach dessen neuer Nr. 23b ist stets eine unzulässige geschäftliche Handlung die Behauptung, dass Bewertungen einer Ware oder Dienstleistung von solchen Verbrauchern stammen, die diese Ware oder Dienstleistung tatsächlich erworben oder genutzt haben, ohne dass angemessene und verhältnismäßige Maßnahmen zur Überprüfung ergriffen wurden, ob die Bewertungen tatsächlich von solchen Verbrauchern stammen. Hierzu wird die Rechtsprechung voraussichtlich klären müssen, ob eine solche „Behauptung“ authentischer Bewertungen schon gegeben ist, wenn ein Unternehmen Verbraucherbewertungen zugänglich macht, oder erst dann, wenn das Unternehmen die Echtheit der Bewertungen ausdrücklich hervorhebt. In Abgrenzung zu mit § 5b Abs. 3 UWG n.F. könnten gute Argumente dafür sprechen, dass ein „Behaupten“ mehr voraussetzt als ein bloßes Zugänglichmachen von Kundenbewertungen.

Schließlich verbietet die neue Nr. 23c des Anhangs verschiedene Handlungen im Zusammenhang mit so genannten Fake-Bewertungen, nämlich die Übermittlung oder Beauftragung gefälschter Bewertungen oder Empfehlungen von Verbrauchern sowie die falsche Darstellung von Bewertungen oder Empfehlungen von Verbrauchern in sozialen Medien zu Zwecken der Verkaufsförderung. Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift ist etwas weiter als der der beiden vorgenannten Regelungen, weil neben Bewertungen auch „Empfehlungen“ erfasst werden. Das könnten in Abgrenzung zu Text-Rezensionen auch rein bildliche Bewertungen sein wie beispielsweise reine Sternebewertungen, Noten, Herzen oder Likes in sozialen Netzwerken. Da sich Bewertungen oder Empfehlungen dem Wortlaut nach nicht auf „Waren oder Dienstleistungen“ beziehen müssen, könnte Bezugspunkt beispielsweise auch ein Unternehmen sein. „Gefälscht“ sind solche Bewertungen, die nicht vom scheinbaren Aussteller stammen. Darunter fallen zum einen solche Bewertungen, die Dritte oder eine Computersoftware ohne einen Produktkauf erstellen. Ebenfalls „gefälscht“ sind solche Bewertungen, die ein Unternehmer als scheinbarer Verbraucher abgibt – bspw. der Verkäufer, der sein Produkt lobt, oder ein Konkurrent, der das fremde Produkt schlechtmacht. Ob auch solche Bewertungen darunter fallen, denen eine echte Transaktion zugrunde liegt, ist umstritten und wird die Rechtsprechung zu klären haben. Zu dieser Fallgruppe zählen solche Bewertungen, die eine Person abgibt, die die Ware nur deshalb gekauft hat, um sie zu bewerten, und weil sie von einem Unternehmen dafür eine Vergütung erhält, oder die von einer Person stammen, die für eine Bewertung einen wirtschaftlichen Anreiz wie einen Gutschein oder einen Rabatt erhalten hat.

Als weitere Untergruppe verbietet Nr. 23c auch die falsche Darstellung von Bewertungen oder Empfehlungen in sozialen Medien zu Zwecken der Verkaufsförderung. Dazu zählt der Fall, dass ein Unternehmen gezielt negative Bewertungen unterbindet, Bewertungen inhaltlich verfälscht oder Bewertungen, die für Produkt A abgegeben wurden, für Produkt B verwendet.

Belästigende Werbung

Als rein strukturelle Änderung ist die Verschiebung des Tatbestands zum „hartnäckigen Ansprechen“ in § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG in Nr. 26 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG (n.F.) zu erwähnen. Ziel ist eine engere Anpassung an die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken, die das „hartnäckige Ansprechen“ als besondere Form der aggressiven geschäftlichen Handlung (§ 4a UWG bzw. Art. 8 UGP-RL) definiert und als eigenen Tatbestand in der schwarzen Liste verortet hat. Die strukturelle Änderung dient insofern der klareren Systematik.

Schwarze Liste / neue Tatbestände im Anhang des UWG und Änderung der Gewerbeordnung

Die neu in die Schwarze Liste eingefügte Ziffer 23a soll durch Eindämmung des gewerblichen An- und Verkaufs von „Schwarzmarktkarten“ Kulturpolitik und Verbraucherinteressen schützen und den breiten Zugang aller zu Kultur-, Sport- und sonstigen Freizeitveranstaltungen sicherstellen.

Der die Unlauterkeit nach Ziffer 23a begründende Erwerb von Eintrittskarten durch den Unternehmer muss unter Verwendung automatisierter Verfahren zur Umgehung technischer Beschränkungen in Bezug auf Anzahl der von einer Person zu erwerbenden Tickets oder anderer für den Verkauf der Eintrittskarten geltenden Regeln erfolgen. Im Wesentlichen soll durch die neue Vorschrift unterbunden werden, dass Unternehmer mittels Programmen wie „Bots“ oder „Crawler“ – Ziel dieser Programme ist es, mit Hilfe der programmierten Algorithmen Tickets im Internet unmittelbar nach ihrer Freigabe für den Verkauf innerhalb von Sekunden zu erwerben – Ticketkontingente vollständig aufkaufen und diese zu überhöhten Preisen an Verbraucher weitervertreiben.

Neben den bereits oben erwähnten neuen Tatbeständen im Anhang des UWG ist ein weiteres per-se Verbot in den Anhang eingefügt worden, das nicht auf die Umsetzung der Omnibus-Richtlinie zurück geht, sondern eine rein nationale Regelung darstellt: das Verbot einer Zahlungsaufforderung bei unerbetenen Besuchen in der Wohnung eines Verbrauchers am Tag des Vertragsabschlusses (Nr. 32). Mit dieser Vorschrift soll der Verbraucher vor vorschnellen Zahlungen und unüberlegten Geschäftsabschlüssen an der Haustür geschützt werden. Im Zuge der Umsetzung der Omnibus-Richtlinie entschied der Gesetzgeber darüber hinaus, auch die Gewerbeordnung neu zu fassen, um Verbrauchern einen höheren Schutz zu bieten.

Neue Rechtsfolgen

Schließlich ist zu beachten, dass auch auf der Rechtsfolgenseite Neuerungen anstehen: Erstmals seit über einhundert Jahren werden Verbrauchern Ansprüche aus dem UWG eingeräumt: Nach dem neu eingefügten § 9 Abs. 2 ist, wer vorsätzlich oder fahrlässig eine nach § 3 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt und hierdurch Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst, die sie andernfalls nicht getroffen hätten, ihnen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Als mögliche Schäden aufgrund unlauterer Handlungen können in Betracht kommen der Abschluss eines Vertrages, die Leistung einer Zahlung, die Nichtausübung eines vertraglichen Rechts, ein Schaden ohne Vertragsschluss durch vergebliches Aufsuchen eines Geschäfts wie etwa auch ein verpasstes günstigeres Dritt-Angebot. Hier gibt es noch offene Fragen, die durch die Rechtsprechung geklärt werden müssen.

Eine weitere Neuerung, auf die sich Unternehmen einstellen müssen, ist die Einführung eines Bußgeldtatbestandes (§ 19 UWG) für die Verletzung von Verbraucherinteressen im grenzüberschreitenden Bereich bei sog. weitverbreiteten Verstößen, die in mehreren EU-Mitgliedstaaten erfolgen (§ 5c UWG n.F.). Nationale Behörden können in derartigen Fällen Bußgelder gegen deutsche Unternehmen verhängen bei Verstößen in einem anderen Mitgliedstaat. Allerdings können derartige Bußgelder nur im Rahmen einer EU-weit durchgeführten sog. koordinierten Durchsetzungsmaßnahme verhängt werden.

Fazit

Wie so oft werfen neue gesetzliche Regelungen Fragestellungen auf, die nur durch Anrufung der Gerichte geklärt werden können, im Zweifel durch den EuGH. Derartige Musterverfahren geben den Wirtschaftsbeteiligten langfristig mehr Rechtssicherheit und dienen der Rechtsfortbildung.

Weiterführende Informationen

Beitrag der Wettbewerbszentrale v. 23.05.2022 // UWG-Novelle 2022 – die wichtigsten Änderungen im Überblick – Teil I: Irreführung bei sog. Dual-Quality, Influencer Marketing & Infopflichten >>

Rückblick: Das neue UWG 2022 (Seminar der Wettbewerbszentrale) >>

Vgl. zur Rechtslage bis zum 28.05.2022: Rechtssicher werben mit Bewertungen (Martin Bolm, Niederbayrische Wirtschaft 06/2021, S. 24) >>

News der Wettbewerbszentrale v. 11.01.2022 // Amazon-Gutschein für Bewertung: Wettbewerbszentrale erwirkt gerichtliches Verbot >>

mb/jb/pm/rm

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