Home News UWG-Novelle 2022 – die wichtigsten Änderungen im Überblick – Teil I: Irreführung bei sog. Dual-Quality, Influencer Marketing & Infopflichten

UWG-Novelle 2022 – die wichtigsten Änderungen im Überblick – Teil I: Irreführung bei sog. Dual-Quality, Influencer Marketing & Infopflichten

Am 28. Mai 2022 tritt das novellierte Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) in Kraft.

Am 28. Mai 2022 tritt das novellierte Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) in Kraft. Das neue UWG enthält unter anderem neben neuen Unlauterkeitstatbeständen für den Online-Bereich (Rankings in Trefferlisten, Kundenbewertungen) auch Regelungen zum Influencer Marketing und zur sog. Dual Quality. Daneben werden erstmalig auf der Rechtsfolgenseite ein Schadensersatzanspruch für Verbraucher und ein neuer Bußgeldtatbestand für grenzüberschreitende Wettbewerbsverstöße verankert.

Zum Hintergrund

Hintergrund der Novellierung ist die Umsetzung der sog. Omnibus-Richtlinie (EU) 2019/2161 als Teil des „New Deal for Consumers“ bzw. das Inkrafttreten des Gesetzes zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht, mit dem die Richtlinie in nationales Recht umgesetzt wird. Zu den wichtigsten Neuerungen zählen folgende Tatbestände:

Irreführung bei sog. Dual-Quality

Einen eigenen Verbotstatbestand erhält die Handlung, Waren in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union als identisch mit einer in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf dem Markt bereitgestellten Ware zu vermarkten, sofern sich diese in ihrer Zusammensetzung oder in ihren Merkmalen wesentlich voneinander unterscheiden. Der neue Irreführungstatbestand soll hingegen nicht erfüllt sein, sofern die Unterschiede durch legitime und objektive Faktoren gerechtfertigt sind (§ 5 Abs. 3 Nr. 2 UWG n.F.). Als Rechtfertigungsgründe werden in den Erwägungsgründen der Richtlinie unter Anderem spezielle Vorgaben im nationalen Recht oder auch die Verfügbarkeit und Saisonabhängigkeit von Rohstoffen genannt. Ausgelöst wurde die Forderung nach einem neuen Verbotstatbestand zur sog. Dual Quality durch die vermeintliche Feststellung, dass insbesondere Lebensmittel mit unterschiedlicher Zusammensetzung – beispielsweise in Bezug auf den Zucker- oder Fleischanteil eines Produkts – eine identische Verpackung aufwiesen und dies für den Verbraucher nicht erkennbar sei. Unklar ist aktuell, inwieweit der Unternehmer trotz Vorliegen eines Rechtfertigungsgrundes über eine Abweichung in der Produktzusammensetzung aufklären muss, um die Verbrauchererwartung nicht zu enttäuschen. Auch wenn Lebensmittel der Hauptanwendungsbereich der neuen Vorschrift sein könnten, fallen auch andere Konsumgüter wie Kosmetika oder Haushaltsprodukte (z.B. Waschmittel) unter die neue Verbotsnorm und könnten Gegenstand von rechtlichen Auseinandersetzungen werden.

Influencer Marketing

In das Schleichwerbeverbot in § 5a Abs. 6 werden zwei ergänzende Regelungen aufgenommen. § 5a Abs. 6, zukünftig Abs. 4, regelt bislang, dass unlauter auch [der handelt], wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Dieser Norm wird ein Satz 2 zur Seite gestellt, wonach ein kommerzieller Zweck […] bei einer Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens nicht vor[liegt], wenn der Handelnde kein Entgelt oder keine ähnliche Gegenleistung für die Handlung von dem fremden Unternehmen erhält oder sich versprechen lässt. Damit wird die Rechtslage nach UWG an die spezialgesetzlichen Vorschriften zur Schleichwerbung in den §§ 6 i.V.m 2 Nr. 5 TMG sowie 22 i.V.m. 2 Nr. 7 MStV angepasst. Diese enthalten bereits die Bestimmung, dass werbliche Äußerungen, die ohne eine Gegenleistung erfolgen, nicht als „Werbung“ bzw. als „kommerzielle Kommunikation“ gelten und entsprechend keiner Kennzeichnungspflicht unterliegen. Entsprechend hat der Bundesgerichtshof bereits mit der Entscheidung I ZR 125/20 – Influencer II – angenommen, dass der bis zum 28.05.2022 geltende § 5a Abs. 6 im Sinne der o.g., spezielleren medienrechtlichen Vorschriften auszulegen ist, und hat damit nach Ansicht von Beobachtern der Regelung des Gesetzgebers vorgegriffen. Aller Voraussicht nach wird damit medienübergreifend und damit auch für die gedruckte Presse die bisherige langjährige Rechtsprechung zu § 5a Abs. 6 UWG überholt sein, nach der das Schleichwerbeverbot auch dann eingreifen konnte, wenn eine redaktionelle Berichterstattung übertrieben werblich war, sich ein Entgelt für die konkrete Berichterstattung aber nicht nachweisen ließ (vgl. Büscher WRP 2022, 1, 9). Auch vermeintlich geringwertige Dienstleistungen wie ein kostenloses Haarstyling oder ein Fotoshooting zählen als Gegenleistung und lösen eine Kennzeichnungspflicht des Influencers aus (BGH, Urteil vom 13. Januar 2022 – I ZR 35/21 – Influencer III; siehe dazu die News der Wettbewerbszentrale vom 22.02.2022). Eine Geringwertigkeitsschwelle für Gegenleistungen existiert nicht.

In § 5a Abs. 4 Satz 3 heißt es ab dem 28. Mai, dass der Erhalt oder das Versprechen einer Gegenleistung vermutet [wird], es sei denn der Handelnde macht glaubhaft, dass er eine solche nicht erhalten hat. Danach kann der Influencer bereits mit dem Beweismaß der Glaubhaftmachung i.S.v. § 294 ZPO im Hauptsacheverfahren den Nachweis führen, dass er keine Gegenleistung erhalten hat, um die gesetzliche Vermutung zu erschüttern. Anschließend greift wieder die reguläre Verteilung der Beweislast, d.h. der Anspruchsteller, der eine Schleichwerbung geltend macht, muss den Erhalt einer Gegenleistung im Wege des Vollbeweises beweisen.

Informationspflicht über Unternehmereigenschaft auf Online-Marktplätzen

Der neue § 5b Abs. 1 Ziff. 6 UWG soll es Verbrauchern ermöglichen, eine informierte Entscheidung über den Erwerb von Waren und Dienstleistungen über einen Online-Marktplatz (neu definiert in § 2 Ziff. 6 UWG) dahingehend treffen zu können, ob es sich bei dem betreffenden Anbieter und potentiellen späteren Vertragspartner um einen Unternehmer handelt und folglich Verbraucherschutzrechte zur Anwendung gelangen. Gegenstand der Informationspflicht des Marktplatzbetreibers ist die Selbsteinschätzung des Anbieters. Zur Überprüfung dessen Status ist der Marktplatzbetreiber nicht verpflichtet.

Informationspflichten beim Ranking

Angesichts des erheblichen Einflusses des Rankings (neu definiert in § 2 Ziff. 7 UWG) der Waren und Dienstleistungen durch Online-Anbieter auf die Wahlmöglichkeiten der Verbraucher und damit auf den eigenen kommerziellen Erfolg soll mit dem neuen Tatbestand des § 5b Abs. 2 UWG entsprechend der im B2B Bereich bereits implementierten Pflichten auch gegenüber Verbrauchern eine entsprechende Transparenz geschaffen werden. Demnach müssen Online-Anbieter ungeachtet der Möglichkeit zum Abschluss eines Vertrags Verbraucher über die Hauptparameter zur Festlegung des Rankings sowie deren relative Gewichtung im Verhältnis zu anderen Parametern informieren (Beispiele für Parameter finden sich in Anhang 1 zu den Leitlinien der Kommission zur P2B-Verordnung (VO (EU) 2019/1150, Abl. C 424/21 vom 8.12.2020)).

Inhaltlich fordert § 5b Abs. 2 UWG die Angabe einer allgemeinen Beschreibung der wichtigsten Parameter für die Festlegung des Rankings und deren relativer Gewichtung. Der Online-Anbieter muss nach der Vorschrift die wesentlichen Kriterien offenlegen, nach denen die auf eine Verbraucheranfrage angezeigten Suchergebnisse gefiltert, geordnet, selektiert oder in sonstiger Weise strukturiert werden. Online-Anbieter müssen die Informationen weder in einer auf die einzelne Suchanfrage zugeschnittenen Form bereitstellen, noch die Funktionsweise ihrer Ranking-Systeme oder Algorithmen im Detail offenlegen.

Die Informationen müssen aktuell und von der Anzeige der Suchergebnisse aus unmittelbar und leicht zugänglich sein. Zudem müssen sie knapp gehalten, leicht verständlich und an gut sichtbarer Stelle verfügbar gemacht werden.

Ergänzt werden vorstehende Regelungen durch das neue per-se-Verbot ungekennzeichneter bezahlter Werbung oder unmittelbar oder mittelbar verdeckter Zahlungen für eine Beeinflussung des Suchergebnisrankings (Ziffer 11a im Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG). Hiernach sind zwar derartige Zahlungen und bezahlte Werbung nicht verboten, müssen aber eindeutig offengelegt werden, d.h. in kurzer, einfach zugänglicher und verständlicher Weise.

Ausblick

In einem Teil II werden wir in Kürze über die Änderungen im Bereich Kundenbewertungen, belästigende Werbung und der schwarzen Liste berichten und die Neuerungen auf der Rechtsfolgenseite vorstellen.

Weiterführende Informationen

Rückblick: Das neue UWG 2022 (Seminar der Wettbewerbszentrale) >>

BGH-Urteil zu Influencern (News vom 22.02.2022) >>

jb/mb/pm

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