Das OLG Hamburg hat entschieden, dass ein bestimmtes Online-Coaching-Angebot nicht zulassungspflichtig sei, sodass der Anbieter seine Vergütung verlangen dürfe (OLG Hamburg, Urteil vom 20. Februar 2024, Az. 10 U 44/23, kein Verfahren der Wettbewerbszentrale). Wesentlicher Streitpunkt des Verfahrens war, ob das Coaching unter das Fernunterrichtsschutzgesetzes (FernUSG) fällt. Nach diesem Gesetz muss Fernunterricht bei einer Behörde zugelassen werden, andernfalls handelt ein Unternehmen wettbewerbswidrig und kann obendrein keine Vergütung geltend machen.
Geklagt hatte ein Unternehmen auf Vergütung eines Online-Coachings. Das Coaching sollte dem Beklagten vermitteln, wie man erfolgreich einen Onlineshop betreibt.
Fragemöglichkeit als Überwachung?
In den Entscheidungsgründen betonte das Gericht, dass der Begriff des Fernunterrichts nach FernUSG eine systematische didaktische Vermittlung von abgegrenztem Wissen voraussetze. Das angebotene Online-Coaching beinhalte allerdings im Schwerpunkt zahlreiche Coaching-Sessions ohne systematische Wissensvermittlung. Dass dem Angebot 40h Videomaterial beigefügt war, sei insofern gegenüber insgesamt 144h Coaching-Sessions von untergeordneter Bedeutung.
Vor allem überwache das Coaching-Angebot den Lernerfolg der Kundschaft nicht. Zwar beinhalte das Angebot die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Eine solche Möglichkeit könne aber dem Wortlaut nach noch nicht als „Überwachung“ im Sinne des FernUSG gelten.
Unterschiedliche Signale aus der Rechtsprechung
Diese Entscheidung steht im Kontrast zu anderen Urteilen. Insbesondere hatte das OLG Celle entschieden, dass der Lernerfolg überwacht werde, wenn eine Person Zugang zu Sprechstunden, WhatsApp-Support für Fragen und einer Akademie habe, die Videos, Dokumente, Checklisten und Prüfungen beinhalte (OLG Celle, Urteil vom 01.03.2023, Az. 3 U 85/22, kein Verfahren der Wettbewerbszentrale).
Ebenso hatte das Landgericht Hamburg geurteilt, dass ein „eins-zu eins“-Mentoring die Überwachung des Lernerfolgs enthalte, weil Zoom-Calls Gelegenheit für Fragen gäben (LG Hamburg, Urteil vom 19.07.2023, Az. 304 O 277/22, kein Verfahren der Wettbewerbszentrale). 2009 hatte bereits der BGH festgestellt, dass „mündliche Kontrolle während eines begleitenden Direktunterrichts“ eine Überwachung darstellen könne (BGH, Urteil vom 15.10.2009, Az. III ZR 310/08, kein Verfahren der Wettbewerbszentrale). 2022 hatte die Wettbewerbszentrale klären lassen, dass das Angebot von Fernlehrgängen ohne Zulassung auch wettbewerbswidrig ist (LG Berlin, Urteil vom 15.02.2022, Az. 102 O 42/21, rechtskräftig).
Weiterhin Unsicherheit über Geltung des FernUSG
Damit bleibt gewisse Unsicherheit, welche Vertragsinhalte bei Online-Coaching-Angeboten dazu führen, dass das FernUSG anwendbar ist. Hart umkämpft ist die Frage außerdem, weil das FernUSG dem Wortlaut nach sowohl für Verbraucher als auch für Unternehmer ein Widerrufsrecht einräumt. Wer sicher gehen möchte, dass Online-Coaching-Verträge wirksam sind, sollte eine Zulassung erwägen. Zuständig ist die Staatliche Zentralstelle für Fernunterricht.
Weiterführende Informationen:
Online-Ausbildung zum Fitnesstrainer ist Fernlehrgang, LG Berlin, Urteil v. 15.2.2022, Az. 102 O 42/21, Wettbewerbsrecht Aktuell Nr. 7/2022 >> (abrufbar in der Datenbank der Wettbewerbszentrale, Login erforderlich)
kok
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