Der u. a. für das Marken- und Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat erneut entschieden, dass Internet-Auktionshäuser auf Unterlassung in Anspruch genommen werden können, wenn Anbieter auf ihrer Plattform gefälschte Markenprodukte anbieten. Danach betrifft das im Telemediengesetz (TMG) geregelte Haftungsprivileg für Host-Provider nur die strafrechtliche Verantwortlichkeit und die Schadensersatzhaftung, nicht dagegen den Unterlassungsanspruch.
Der Fall:
Die Klägerin stellt Uhren der Marke „ROLEX“ her. Sie ist Inhaberin entsprechender europaweit geltender Marken (Gemeinschaftsmarken) sowie nationaler Marken. Die Beklagte veranstaltet unter „ebay.de“ Fremdversteigerungen im Internet. Dabei werden die Angebote von den Anbietern regelmäßig ins Internet gestellt, ohne dass die Beklagte zuvor Kenntnis von diesen Angebote hat. Bei eBay wurden im Zeitraum von Juni 2000 bis Januar 2001 zahlreiche Uhren angeboten, die mit den für die Klägerin geschützten Marken versehen waren. Es handelte sich dabei zum Teil um Fälschungen. Die Klägerin, die darin eine Verletzung ihrer Marken sieht, hat die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch genommen.
Das Landgericht und das Berufungsgericht haben die Klage abgewiesen.
Der Bundesgerichtshof hat an seiner Rechtsprechung zur Haftung von Internet-Auktionshäusern für Markenverletzungen festgehalten. Das im TMG geregelte Haftungsprivileg für Host-Provider betrifft nur die strafrechtliche Verantwortlichkeit und die Schadensersatzhaftung. Ein zivilrechtlicher Unterlassungsanspruch ist damit nicht ausgeschlossen. Daher kommt eine Haftung der Beklagten als Störerin in Betracht, weil sie mit ihrer Internetplattform das Angebot gefälschter Uhren ermöglicht, auch wenn sie selbst nicht Anbieterin dieser Uhren ist. Eine solche Haftung setzt zunächst voraus, dass die jeweiligen Anbieter der gefälschten Uhren im geschäftlichen Verkehr gehandelt haben, weil nur dann eine Markenverletzung vorliegt. Die Beklagte muss – wenn sie von einem Markeninhaber auf eine klar erkennbare Rechtsverletzung hingewiesen wird – nicht nur das konkrete Angebot unverzüglich sperren, sondern grundsätzlich auch Vorsorge dafür treffen, dass es nicht zu weiteren entsprechenden Markenverletzungen kommt. Der BGH hat nochmals betont, dass der Beklagten auf diese Weise keine unzumutbaren Prüfungspflichten auferlegt werden dürfen, die das gesamte Geschäftsmodell in Frage stellen würden. Die Beklagte ist jedoch verpflichtet, technisch mögliche und ihr zumutbare Maßnahmen zu ergreifen, damit gefälschte ROLEX-Uhren gar nicht erst im Internet angeboten werden können.
Der Bundesgerichtshof hat das angefochtene Urteil, das noch von einer generellen Haftungsprivilegierung von eBay ausgegangen war, aufgehoben und die Sache an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Es muss nunmehr noch geklärt werden, ob es sich in den Fällen, in denen die Beklagte auf Fälschungen hingewiesen worden ist, um eindeutig erkennbare Markenverletzungen gehandelt hat.
Urteil vom 19. April 2007 – I ZR 35/04
Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 19.04.2007
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