Der Bundesgerichtshof hat in einem Rechtsstreit der Wettbewerbszentrale gegen die Firma Beiersdorf um die Gestaltung einer Cremeverpackung dem Unternehmen Recht gegeben. Nun liegen auch die Urteilsgründe vor (BGH, Urteil vom 11.10.2017, I ZR 78/16). Der BGH führt darin aus, dass der Kunde weder über die Füllmenge noch die Größe des in der Verpackung enthaltenen Tiegels getäuscht werde.
Zum Sachverhalt
Das Unternehmen vertreibt Kosmetikprodukte unter der Marke „Nivea“ in Faltschachteln, die eine Höhe von ca. 7 cm aufweisen, während der darin enthaltene Tiegel, der auf einer Art „Papp-Podest“ aufsitzt, mit Deckel nur eine Größe von 4 cm hat. Die Füllmenge der Creme ist auf der Unterseite angegeben. Auf einer der Seiten befindet sich die Abbildung des Tiegels mit der Unterschrift „Die Produktabbildung entspricht der Originalgröße.“
Die Wettbewerbszentrale hatte das Produkt als „Mogelpackung“ beanstandet. Die beim Landgericht Hamburg eingereichte Klage war abgewiesen worden (LG Hamburg, Urteil vom 27.01.2015, Az. 312 O 51/14). Das OLG Hamburg untersagte die Produktaufmachung als irreführend (OLG Hamburg, Urteil vom 25.02.2016, Az. 3 U 20/15). Auf die Revision der Beklagten hat der BGH das Urteil nun aufgehoben.
BGH geht von aufmerksamem Verbraucher aus
Der BGH ist anders als das OLG Hamburg der Auffassung, dass der Verbraucher durch das Verhältnis zwischen Verpackung und Tiegel nicht über die eigentliche Größe des Tiegels getäuscht werde. Die Richter verweisen auf die Kaufsituation bei Lebensmittel, bei denen der Verbraucher seine Kaufentscheidung regelmäßig auch von ihrer Zusammensetzung abhängig mache und davon auszugehen sei, dass er sich nicht nur die Schauseite einer Verpackung anschaue. Entsprechendes gelte für das hier vorliegende Produkt einer Gesichtscreme, die bestimmungsgemäß an prominenter Stelle aufgetragen werde. Der BGH zieht daraus den Schluss, dass jedenfalls der Erstkäufer des Produktes dieses aus dem Regal nimmt und damit auch die Abbildung des Tiegels wahrnimmt. Es sei – so der BGH – fernliegend, dass die Größe des Tiegels als solche, unabhängig von der Füllmenge, einen eigenständigen Wert für den Verbraucher darstelle.
Konsequenzen für Verbraucher und Unternehmer
„Das Urteil ist unerfreulich für Unternehmen, die sich um eine transparente und faire Verpackungsgestaltung bemühen“, so Dr. Reiner Münker, geschäftsführendes Präsidiumsmitglied der Wettbewerbszentrale. Es gibt für die beanstandete Packungsgestaltung keine andere Erklärung, als dass das Nivea-Produkt im Ladenregal größer aussehen sollte. Immerhin geht es um eine Verpackung, die fast um die Hälfte größer ist als der Creme-Tiegel, in dem selbst sich wiederum nur 50 ml Creme befand.
„Ob der Verbraucher beim Kauf einer Gesichtscreme in einem Drogeriemarkt tatsächlich so aufmerksam ist wie vom BGH angenommen, ist zu bezweifeln. Der Gesetzgeber hat im Mess- und Eichgesetz gerade die jedem einleuchtende Lebenswirklichkeit unterstellt, dass sich der Verbraucher – selbstverständlich – an der Packungsgröße orientiert und er Schutz benötigt, dass gerade hier nicht gemogelt wird. Wenn die Rechtsprechung nun meint, nach der Lebenserfahrung orientiere sich der Verbraucher gar nicht so stark an der Packungsgröße, dann wäre die Rechtsnorm künftig wirkungslos“, so Münker weiter.
Der Verbraucher jedenfalls muss nach diesem Urteil noch genauer hinsehen und prüfen, was und wieviel in einer Verpackung steckt.
ck
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