Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 13.09.2012 (I ZR 230/11) entschieden, dass die Bezeichnung „Biomineralwasser“ für ein natürliches Mineralwasser nicht irreführend ist. Damit folgte er einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Nürnberg, gegen das die Wettbewerbszentrale Revision eingelegt hatte. Das auf den Flaschen angebrachte, selbst geschaffene Bio-Siegel beurteilte der Bundesgerichtshof allerdings als unzulässige Nachahmung des amtlichen Bio-Siegels.
Hintergrund des Streits ist u.a., dass es eine EU-weite Regulierung von ökologisch angebauten Lebensmitteln agrarischen Ursprungs und auch des hiermit verbundenen EU-Bio-Siegels gibt, die aber nicht für Mineralwässer gilt, da dieses nicht „angebaut“ oder „agrarisch erzeugt“ werden kann. Für natürliches Mineralwasser ist eine gesetzliche Bio- oder Öko-Regulierung nicht vorgesehen, da es ohnehin ein reines Naturprodukt ist.
Die Wettbewerbszentrale hatte die Verwendung der Bezeichnung „Biomineralwasser“ als irreführend beanstandet und das werbende Unternehmen Neumarkter Lammsbräu auf Unterlassung verklagt. Das Unternehmen hatte zusammen mit anderen Personen einen Verein namens „Qualitätsgemeinschaft Biomineralwasser e.V.“ gegründet und mit dieser Vereinigung Kriterien für die Bezeichnung „Biomineralwasser“ selbst festgesetzt sowie ein Zertifizierungssystem entwickelt. Die in den gesetzlichen Bestimmungen über natürliche Mineralwässer enthaltenen Grenzwerte für bestimmte Inhaltsstoffe wie etwa Nitrat und Nitrit wurden in den selbst ausgewählten Anforderungen der Qualitätsgemeinschaft zum Teil niedriger festgesetzt.
Nach Auffassung der Wettbewerbszentrale wird den Verbrauchern durch die Bio-Bezeichnung suggeriert, dass das Produkt im Vergleich zu „herkömmlichen“ natürlichen Mineralwässern über besondere Bio-Eigenschaften verfügt und damit eine wesentlich gesündere und reinere Qualität aufweist als andere natürliche Mineralwässer. Dies sei aber nicht der Fall, weil aufgrund der strengen gesetzlichen Reglementierung alle natürlichen Mineralwässer von ursprünglicher Reinheit sind, d.h. unbehandelt sowie frei von Zusatzstoffen und bedenklichen Inhaltsstoffen.
Nachdem das Landgericht der Klage der Wettbewerbszentrale stattgegeben hatte, war die Berufung des Unternehmens beim OLG Nürnberg erfolgreich gewesen. Dem Oberlandesgericht reichte für die Bezeichnung „Biomineralwasser“ die Einhaltung der selbstgesetzten Kriterien der Qualitätsgemeinschaft aus. Die dort gewählten Grenzwerte für im Boden vorkommende Inhaltsstoffe seien zum Teil eben niedriger als im Gesetz vorgeschrieben. Dies sei für die Bezeichnung als Biomineralwasser ausreichend. Dem folgte nun auch der Bundesgerichtshof und wies die Revision gegen das Urteil des OLG Nürnberg zurück.
Die Wettbewerbszentrale bedauerte die richterliche Entscheidung: „Konsequenz des BGH-Urteils wird sein, dass sich auch andere Anbieter mit dem Siegel einer angeblichen Bio-Qualität schmücken können, wenn sie zuvor nur die auf ihre Produkte passenden Kriterien zum Bio-Maßstab machen, egal inwieweit sich wirklich wahrnehmbare Unterschiede zu herkömmlichen Konkurrenzprodukten feststellen lassen. Das bedeutet letztlich Bio-Marketing ohne neutrale Kontrolle“, erklärte Dr. Reiner Münker, geschäftsführendes Präsidiumsmitglied der Wettbewerbszentrale.
Zumindest hofft Münker, dass der BGH in seinem Urteil auch Grenzen für eine derartige selbsternannte Bio-Vermarktung von natürlichen Produkten aufzeigt, um die Verbraucher vor „Scharlatanerie“ zu schützen. Für eine endgültige Einschätzung müssten nun zunächst die schriftlichen Entscheidungsgründe abgewartet werden. Erfreulich sei aber, dass der BGH das zuvor ausgesprochene Verbot des irreführenden Bio-Siegels bestätigt habe.
Weitere Informationen
Weitere aktuelle Nachrichten
-
Wettbewerbszentrale beanstandet unerlaubte Bewertungsaufforderungen
-
OLG Nürnberg: Referenzpreis muss unschwer zu ermitteln sein
-
Wettbewerbszentrale moniert Blickfangwerbung auf Tierfutterverpackungen als irreführend
-
Rückblick: Herbstseminar 2024 der Wettbewerbszentrale mit gelungenem Auftakt
-
EuGH: Ein gestiegener Preis kann kein „Highlight“ sein