Das Landgericht Berlin hat in einem Verfahren der Wettbewerbszentrale gegen das Unternehmen Pfizer entschieden, dass der Hinweis „1 Dragee am Abend“ in einem TV-Spot unzulässig, die isolierte Verwendung degegen, etwa auf Verpackungen, zulässig ist (LG Berlin, Urteil vom 16.08.2017, Az. 15 O 504/16, nicht rechtskräftig).
Das Pharmaunternehmen warb mit einem Fernseh-Spot, der vor dem Bild einer friedlich schlafenden Person den Wortlaut hatte „Gut ein- und durchschlafen. Baldriparan stark für die Nacht hilft dabei mit 1 Dragee am Abend“. Dabei wurde ein roter Punkt mit dem Text „1 Dragee am Abend“ und ein Bild der Umverpackung mit einer roten Banderole „1 Dragee am Abend“ eingeblendet. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass „der hochkonzentrierte Baldrian“ beim Einschlafen helfe und die natürlichen Schlafphasen bis zum Morgen unterstütze.
Hinweis auf Dosierung oder Wirkung?
Die Wettbewerbszentrale hatte den Hinweis „1 Dragee am Abend“ als irreführend (§ 5 UWG, § 3 HWG) beanstandet. Sie vertrat die Auffassung, dass der Verbraucher die Angabe dahingehend verstehe, dass bereits mit der Einnahme nur eines Dragees ein ruhiger Schlaf erreicht werden könne. Tatsächlich aber ist das Produkt laut Gebrauchsinformation aufgrund der allmählich einsetzenden Wirkung nicht zur akuten Behandlung von nervös bedingten Schlafstörungen geeignet. Der Pharmahersteller selbst empfiehlt in seiner Gebrauchsinformation eine kontinuierliche Behandlung über zwei bis vier Wochen.
Hinsichtlich des Werbespots gab das Landgericht Berlin der Wettbewerbszentrale Recht. Es wies darauf hin, dass die Aussage „1 Dragee am Abend“ in dem Werbefilm als gute und effiziente Wirkweise und als Versprechen eines schnellen Ein- und Durchschlafens verstanden werde. Das Gericht stellte die Aussage in den Gesamtzusammenhang des Werbefilms: Dieser wurde mit den Worten „Gut ein- und durchschlafen“ eingeleitet, es wurde die Effizienz betont („stark für die Nacht“) und auf eine hohe Konzentrierung („der hoch konzentrierte Baldrian“) hingewiesen.
Die isolierte Verwendung des Hinweises hält das Gericht dagegen für zulässig. Dies begründet es damit, dass sich der Durchschnittsverbraucher beim Kauf eines Medikamentes informiere und zwischen Beruhigungs- und Schlafmitteln unterscheide. Der Name lasse bereits auf ein pflanzliches Beruhigungsmittel schließen. Die Angabe „1 Dragee am Abend“ sage zunächst aus, dass von diesem Medikament abends eine Tablette einzunehmen sei. Dies sei nur ein Hinweis auf die übliche Dosierung. Die Umverpackung enthalte keinen weiteren Hinweis, der zu der Annahme berechtige, ein Akutarzneimittel vor sich zu haben und eine Schlafstörung mit der ersten Tablette beseitigen zu können.
F 4 0355/16
ck
Weitere aktuelle Nachrichten
-
Wettbewerbszentrale beanstandet unerlaubte Bewertungsaufforderungen
-
OLG Nürnberg: Referenzpreis muss unschwer zu ermitteln sein
-
Wettbewerbszentrale moniert Blickfangwerbung auf Tierfutterverpackungen als irreführend
-
Rückblick: Herbstseminar 2024 der Wettbewerbszentrale mit gelungenem Auftakt
-
EuGH: Ein gestiegener Preis kann kein „Highlight“ sein