Der Bundesgerichtshof hat am 10.02.2011 einer Klage der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen gegen einen Lebensmitteldiscounter stattgegeben.
Der Discounter hatte unter der Überschrift „Dauerhaft günstiger“ für Lebensmittel, darunter Kerrygold Butter, mit Preisreduzierungen geworben. In einer weiteren Werbung wurden anlässlich einer Wiedereröffnung einer Filiale ermäßigte Computerprodukte, unter anderem ein 17´´ LCD-Monitor, ab einem bestimmten Verkaufstag angekündigt. In den Werbeanzeigen war jeweils am unteren Rand der Hinweis angebracht, dass im Hinblick auf begrenzte Vorratsmengen unter Umständen die beworbenen Produkte bereits am ersten Angebotstag ausverkauft sein könnten. Die Butter war bereits zur Mittagszeit des ersten Verkaufstages ausverkauft, der LCD-Monitor war bereits um 8 Uhr des ersten Angebotstages nicht mehr erhältlich.
Die Klägerin stellte folgende Anträge:
„… es zu unterlassen für Lebensmittel (hier: Kerrygold Butter) – wie nachfolgend abgebildet – zu werben oder werben zu lassen, wenn diese Produkte nicht zumindest am ersten Geltungstag der Werbung vorgehalten werden…
… für Computerprodukte (hier: 17’’ LCD-Monitor) – wie nachfolgend abgebildet – zu werben oder werben zu lassen, wenn diese Produkte nicht zumindest am ersten Geltungstag der Werbung bis 14 Uhr vorgehalten werden.“
Erstinstanzlich wies das Gericht die Klage ab mit der Begründung, die Klageanträge seien zu weitgehend. Das OLG Stuttgart gab den in der zweiten Instanz gestellten Hilfsanträgen statt, bestätigte jedoch die Abweisung der Hauptanträge. Mit der Revision verfolgte die Klägerin ihre Hauptanträge weiter.
Bevorratung
Der BGH ist ebenso wie das OLG der Auffassung, dass nach Nr. 5 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG nicht die unzulängliche Bevorratung der Ware, sondern die unzureichende Aufklärung über die unzulängliche Bevorratung zu beanstanden ist. Allerdings, so der BGH, entspreche die Regelung des Nr. 5 Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG der Sache nach dem alten Recht. Auch nach altem Recht konnte einer Fehlvorstellung der Verbraucher entgegengewirkt werden. Eine ausreichende Information wäre z. B. dann gegeben, wenn das werbende Unternehmen in der Werbung bereits die konkrete Warenmenge angegeben hätte oder aber durch andere aufklärende Hinweise einer Fehlvorstellung des Werbeadressaten entgegengewirkt hätte.
Konkretisierung Klageantrag
In erster und zweiter Instanz wurden die Hauptanträge der Verbraucherzentrale zurückgewiesen, da es nach neuem Recht nur noch auf die Aufklärung des Verbrauchers ankomme und keine Vorgaben zur Bevorratung selbst gemacht werden könnten. Die Klägerin könne keine Unterlassungserklärung mit dem pauschalen Ziel fordern, dass beworbene Lebensmittel zumindest am ersten Tag der Werbung und Computerprodukte zumindest am ersten Tag der Werbung bis 14 Uhr vorzuhalten seien. Der BGH führt aus, dass diese Unterlassungsanträge auf ein Verbot der konkreten Verletzungsform abstellen. Die Konkretisierung des beanstandeten Verhaltens auf das zeitliche Vorhalten der Ware, nämlich bei Lebensmitteln für einen Tag nach Erscheinen der Werbung und für Computerprodukte bis mindestens 14 Uhr am ersten Geltungstag der Werbung, so der BGH, sei eine unschädliche Überbestimmung.
Gleichartige Waren
Nach Nr. 5 Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG ist es dem Unternehmer möglich, eine gleichartige Ware als Ersatzware bereitzustellen oder bereitstellen zu lassen, sofern das beworbene Produkt vorzeitig ausverkauft ist. Der BGH hat ausgeführt, dass insoweit eine vorgehaltene Butter der Eigenmarke nicht als gleichartiges Produkt für die angekündigte Markenbutter anzusehen ist. Eine solche Gleichartigkeit nach Nr. 5 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG 2008 würde nur dann vorliegen, wenn das andere Produkt tatsächlich gleichwertig sei und zudem aus der Sicht des Verbrauchers, bei dem auch der Wunsch nach Erwerb eines bestimmten Markenproduktes eine Rolle spielen könne, ersetzbar sei.
Platzierung des aufklärenden Hinweises
Weiter betont der Bundesgerichtshof, dass Nr. 5 Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG gleich zu setzen ist mit
§ 5 Abs. 5 Satz 1 UWG 2004. Danach sei ohne weiteres von einer Wettbewerbswidrigkeit bei mangelhafter Verfügbarkeit der angebotenen Waren auszugehen, wenn nicht deutlich, klar formuliert, leicht lesbar und gut erkennbar ein aufklärender Hinweis platziert ist. Den Weg zu finden, wann ein aufklärender Hinweis geeignet ist, einer Fehlvorstellung des Verbrauchers über die ausreichende Bevorratung der Ware entgegenzuwirken, sei jedoch Sache der Beklagten.
Anmerkung
Nach § 5 Abs. 5 Satz 1 UWG 2004 stellte es eine irreführende Werbung dar, wenn für eine Ware geworben wurde, die nicht in angemessener Menge zur Befriedigung der zu erwartenden Nachfrage vorgehalten war. Der Irreführung der Verbraucher konnte aber durch einen aufklärenden Hinweis entgegengewirkt werden. Auch nach Nr. 5 Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG 2008 kann einer Fehlvorstellung der Verbraucher über die Verfügbarkeit der Ware durch einen entsprechenden, aufklärenden Hinweis entgegengewirkt werden. Damit entspricht Nr. 5 des Anhangs der Sache nach altem Recht.
Interessant ist die Entscheidung auch im Hinblick auf die Einlassung des Bundesgerichtshofes zur Frage der Verantwortlichkeit der Beklagten. Schuldner der in § 8 UWG geregelten Abwehransprüche sei jeder, der durch sein Verhalten den objektiven Tatbestand einer Zuwiderhandlung im Sinne von § 3 UWG 2004, §§ 3 und 7 UWG 2008 selbst, durch einen anderen oder gemeinschaftlich mit einem anderen adäquat kausal verwirkliche. Im Falle der Verbreitung wettbewerbswidriger Äußerungen in Medien hafte danach neben dem Urheber jeder an der Weitergabe und der Verbreitung Beteiligte, soweit sein Verhalten eine geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG 2008 darstellt. Damit seien nur Personen, die zwar rein tatsächlich an einer Verletzung mitgewirkt haben, jedoch nicht entscheidungsbefugt sind bzw. in völlig untergeordneter Stellung ohne eigenen Entscheidungsspielraum tätig sind, in der Regel am Wettbewerbsverstoß nicht beteiligt, so etwa der Plakatkleber. In dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall ist das Unternehmen, das auf der Internetadresse unter dem Impressum genannt wird, für die unzureichende Bevorratung und Bewerbung der jeweiligen Produkte verantwortlich, wenn in dem Werbeprospekt selbst kein Hinweis auf die genaue Identität des verantwortlichen Unternehmens enthalten ist und lediglich auf die Internetseite verwiesen wird.
Quelle und weiterführende Informationen:
BGH, Urteil vom 10.02.2011, Aktenzeichen I ZR 183/09 >> – OLG Stuttgart, Az. 2 U 6/09 – LG Heilbronn, Az. 23 O 110/08 KfH
gb
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