Regelmäßig erreichen die Wettbewerbszentrale Beschwerden, weil Sachverständige mit bestimmten Formulierungen in ihrer Werbung über das Ziel hinausschießen und dadurch den Eindruck erwecken Rechtsdienstleistungen anzubieten. Das ist allerdings den rechtberatenden Berufen vorbehalten, sodass eine solche Werbung unzulässig ist. Daher möchten wir noch einmal auf dieses Thema mit einer Eintscheidung des LG Köln aufmerksam machen.
Das LG Köln hat auf Antrag der Wettbewerbszentrale einem Kfz-Sachverständigen unter anderem untersagt, für Rechtsdienstleistungen zu werben (LG Köln, Urteil vom 02.11.2022, Az. 84 O 84/22 rechtskräftig).
Der beklagte Sachverständige hatte auf seiner Internetseite u.a. damit geworben, sich bei einem Autounfall um den Schadensersatz zu kümmern, und dabei nachfolgende Aussagen getroffen: ….
„Sie hatten einen Autounfall?
Rufen Sie jetzt an!
Es geht um Ihr Geld!
Wir kümmern uns um den Schadenserstazt, Gutachten, Kostenvoranschlag, Mietwagen uvm. Alles aus einer Hand! KOSTENLOS!“
Außerdem hatte er im weiteren Verlauf mit zahlreichen Abbildungen versehen u.a. Folgendes angeboten:
- „Komplette Schadensabwicklung von A bis Z“
- „Alles aus einer Hand“
- „Wir kümmern uns um den Schadensersatz“
- „Wir kümmern uns wirklich um alles“
- „Sie brauchen sich durch den vollumfänglichen Service von UnfallExpert24 um nichts weiter zu kümmern“
- „Full Service“
- „Schadensregulierungsservice“
- „Ihr Recht. Vor Ort für Sie.“
- „Rechtsbeistand“
- „Professioneller Rechtsbeistand“
- „Ihr Rechtsbeistand nach Autounfällen“
Des Weiteren hatte der Beklagte sein Leistungsangebot für den Geschädigten mit ganz besonderen „Preisvorteilen“ wie folgt beworben:
- „100% kostenlos für den Geschädigten“,
- „Wir kümmern uns um den Schadensersatz, Gutachten, Kostenvoranschlag, Mietwagen uvm. Alles aus einer Hand! KOSTENLOS!“
- Und schließlich erweckte er mit der werblichen Gestaltung auf seiner Homepage zum einen den Eindruck, die Erstattungsfähigkeit eines Schadens richte sich nach der Qualität der Dokumentation des Unfallhergangs an Stelle der tatsächlichen Haftungsquote.
- „Sofern der Unfallhergang aufgrund der vorhandenen Dokumentation gut nachvollziehbar ist, wird die gegnerische Haftpflichtversicherung die Kosten des Schadens grundsätzlich übernehmen.“
- mehr.“
Die Wettbewerbszentrale beanstandete diese Werbeaussagen als unlauter, irreführend und gegen das Rechtsdienstleistungsgesetzt (RDG) verstoßend und forderte den Sachverständigen zur Unterlassung auf. Dem kam er aber nicht nach, so dass die Wettbewerbszentrale die Ansprüche gerichtlich geltend machte.
Das LG Köln hat die Auffassung der Wettbewerbszentrale in allen Punkten bestätigt: Die beworbenen Leistungen stellen auch nach Ansicht der Kammer im Zusammenhang mit der Schadensabwicklung „Rechtsdienstleistungen“ im Sinne des § 2 Abs. 1 RDG dar, die nicht mehr als „Nebenleistung“ zum Berufs- und Tätigkeitsbild eines Sachverständigen gehören (§§ 3, 5 RDG). Das gelte auch bereits für das Bewerben solcher Leistungen, so dass es nicht darauf ankomme, ob der Sachverständige diese Leistungen tatsächlich selbst erbringe, oder – wie von ihm im Klageverfahren vorgetragen – Anwälte zur Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen eingeschaltet würden. Hierzu verweist die Kammer auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs „Vertragsdokumentengenerator“ (BGH, Urteil vom 09.09.2021, Az. I ZR 113/21, dort Rn. 16 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen).
Aber auch die weiteren Werbeaussagen sind nach Ansicht des Landgerichts wettbewerbswidrig, weil der Beklagte in irreführender Weise suggeriere, der von der Versicherung zu zahlende Schadensersatz hänge nur von einer gut nachvollziehbaren Dokumentation ab. Das ist falsch, denn die auf dem tatsächlichen Unfallhergang beruhende Haftungsquote bestimmt die Haftungsübernahme. Mithin täusche der Beklagte die angesprochenen Verkehrskreise über Vorteile und Zwecktauglichkeit der von ihm angebotenen Dokumentation.
Weiterführende Informationen
Zur Tätigkeit der Wettbewerbszentrale im Bereich Sachverständigen >>
Weitere Nachrichten der Wettbewerbszentrale aus dem Bereich Sachverständigen >>
M 1 0041/22
ao
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