In einem von der Wettbewerbszentrale geführten Verfahren geht es um ein Prämienprogramm, das sich speziell an Pflegedienste oder Angehörige von Pflegebedürftigen richtet. Das LG Hamburg hat ein Unternehmen, das Pflegehilfsmittel vertreibt und für das Prämienprogramm geworben hatte, verurteilt, es zu unterlassen, für die Vermittlung von Medizinprodukten und Arzneimitteln Prämienpunkte oder Prämien, die gegen diese Prämienpunkte eingelöst werden können, anzubieten oder zu gewähren, soweit es sich nicht um Prämien im Wert von maximal 5 Euro oder weniger handelt (LG Hamburg, Urteil vom 09.02.2023, Az. 312 O 42/21). Das Urteil ist nun rechtskräftig geworden, nachdem das Unternehmen die gegen die Entscheidung eingelegte Berufung zurückgenommen hat.
Prämien für die erfolgreiche Vermittlung von Pflegeboxen
Das Unternehmen hatte Pflegedienstmitarbeitern Prämienpunkte für die erfolgreiche Empfehlung seiner Produkte bei Pflegebedürftigen oder deren Angehörigen angeboten. Die Boxen enthalten Produkte, die bei der Pflege notwendig sind wie zum Beispiel Bettschutzeinlagen, Desinfektionsmittel etc. Die Abrechnung erfolgt mit der Krankenkasse des Pflegebedürftigen. Sobald die Kostenübernahme positiv bestätigt oder (bei Selbstzahlern) die erste Rechnung vollständig beglichen wurde, erhielten die Teilnehmer, also das die Empfehlung aussprechende Pflegepersonal, Prämienpunkte, die sie sammeln und gegen verschiedene Prämien eintauschen konnten.
Beeinflussung der Pflegedienstmitarbeiter?
Die Wettbewerbszentrale hatte das Prämienprogramm unter verschiedenen Gesichtspunkten wettbewerbsrechtlich beanstandet. Sie sah in den ausgelobten Prämienpunkten eine nach § 7 Heilmittelwerbegesetz unzulässige Werbegabe. Darüber hinaus vertrat sie die Auffassung, es handele sich um eine nach § 4a UWG aggressive geschäftliche Handlung, da das Vertrauensverhältnis zwischen Mitarbeitern von Pflegediensten und Pflegebedürftigen ausgenutzt werde, wenn die Pflegebedürftigen zur Bestellung der Produkte veranlasst würden, ohne dass die Prämiengewährung offengelegt würde.
Das Unternehmen bestritt die Anwendbarkeit des Heilmittelwerbegesetzes und trug zudem vor, Prämien und Gegenleistungen seien marktüblich. Der Vortrag der Wettbewerbszentrale, der Pflegebedürftige werde bei der Bestellung der Produkte vom Pflegedienst nicht über die Prämiengewährung aufgeklärt, sei spekulativ.
Prämien sind unzulässige Werbegaben
Das Gericht stützte das Verbot auf § 7 HWG. Nach seiner Auffassung stellen sowohl die Prämienpunkte als auch die Prämien eine unzulässige Werbegabe im Sinne dieser Vorschrift dar. Sie bezögen sich unmittelbar auf die Pflegehilfsmittelboxen, stellten also produktbezogene – und damit dem HWG unterfallende – Werbung dar. Auch die abstrakte Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung sah das Gericht:
„Da der Erhalt der Prämienpunkte unmittelbar mit der erfolgreichen Weiterempfehlung der Pflegehilfsmittelboxen verknüpft ist, besteht zumindest die abstrakte Gefahr, dass die Mitarbeiter der angesprochenen Pflegedienste bei der Weiterempfehlung an ihre Patienten Gesichtspunkte wie Qualität und Geeignetheit außer Acht lassen und sich allein von der Aussicht auf die spätere Einlösung der Prämienpunkte leiten lassen.“
Mit dem Argument, derartige Prämiensysteme seien in der Branche handelsüblich, konnte das Unternehmen das Gericht ebenfalls nicht überzeugen. Mit Blick auf eine der Ausnahmevorschriften in § 7 Abs. 1 HWG, nach der „geringwertige Kleinigkeiten“ zulässig sind, nahm das Gericht aber Prämienpunkte bzw. Prämien bis zu einem Wert von maximal 5 Euro von dem Verbot aus.
Weiterführende Informationen
Zur Tätigkeit der Wettbewerbszentrale im Bereich Gesundheitswesen >>
F 4 0426/20 ck
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