Die Kenntnis fremder, rechtswidriger Inhalte eines Internet-Providers allein begründet (derzeit) keinen Auskunftsanspruch oder einen Anspruch auf Speicherung der Daten des durch die rechtswidrigen Inhalte Verletzten. Zu dieser Entscheidung gelangte das LG Flensburg (Urteil v. 25.11.2005, Az. 6 O 108/05).
Hintergrund war ein Verfahren des Internet-Providers Versatel gegen Logistep. Das Schweizer Unternehmen Logistep hatte eine spezielle Software entwickelt, mit der es Anbieter urheberrechtswidrig verbreiteter PC-Spiele, Musikstücke und Videos aufspüren und die IP-Adresse zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung festhalten konnte. Um dieses automatische Verfahren noch zu verbessern, forderte Logistep Versatel auf, die Verbindungsdaten für die Rechtsverfolgung zur Verfügung zu stellen. Versatel erhielt mit dieser Aufforderung innerhalb von 14 Tagen 507 E-Mails. Das Unternehmen beantragte daher eine einstweilige Verfügung, in der Logistep die Speicheranmahnung untersagt wurde.
Dagegen legte Logistep Widerspruch ein, der von der Vorinstanz abgelehnt wurde. Dem folgte im Ergebnis auch das Landgericht. Unter Berufung auf die haftungsprivilegierenden §§ 8 Abs. 2 S. 1, 9 Abs. 1 TDG stellten die Flensburger Richter fest, dass Zugangsanbieter für fremde Inhalte grundsätzlich nicht verantwortlich und daher auch nicht verpflichtet seien, ihre Kunden zu überwachen oder nach Umständen für eine rechtswidrige Nutzung ihrer Dienste zu suchen. Zwar sei der Provider zur Sperrung oder Entfernung der Nutzung der Information nach den allgemeinen Grundsätzen der Störerhaftung verpflichtet, wenn er positive Kenntnis vom rechtswidrigen Handeln hat. Dies begründe jedoch lediglich einen Unterlassungsanspruch, nicht aber einen Schadens- oder Auskunftsanspruch. Zudem stelle die Übersendung von 500 E-Mails in zwei Wochen, darunter 167 E-Mails an einem Tag, eine unmittelbare Störung des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs nach den §§ 823, 1004 BGB dar. Inwieweit dieses Urteil Bestand haben wird, ist fraglich.
Schließlich wurde vor kurzem vom EU-Parlament eine umstrittene Richtlinie zur Vorratsspeicherung für Daten, die bei der Bereitstellung öffentlicher elektronischer Kommunikationsdienste verarbeitet werden, verabschiedet, mit der Telekommunikationsanbieter verpflichtet werden, Verbindungs- und Standortdaten für einen Zeitraum von mindestens sechs und höchstens 24 Monaten vorzuhalten und Sicherheitsbehörden zugänglich zu machen. Zum anderen wurde gerade ein deutscher Gesetzentwurf zur Umsetzung der EU-Durchsetzungsrichtlinie vorgestellt, wonach Verwerter bei einem „gewichtigen Eingriff“ in ihre Rechte Auskunftsansprüche gegen den Provider geltend machen können.
Quelle: Wettbewerbsrecht Aktuell: Infobrief 51-52/2005
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