Bei der Wettbewerbszentrale gehen im Jahr 2017 vermehrt Beschwerden über die Bewerbung von Lebensmitteln mit gesundheitsbezogenen Angaben ein. Die überwiegende Anzahl der Beanstandungen richtet sich gegen Werbemaßnahmen von Teeanbietern. Aber auch Wein wurde trotz des generellen Verbots der Verwendung von gesundheitsbezogenen Angaben, als gesund beworben.
Als Verstoß gegen Vorschriften der Health Claims Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 1924/2006) hat die Wettbewerbszentrale bei Tee beispielsweise die folgenden Aussagen beanstandet:
„WIRKUNG: Der Detox-Tea hilft, den Körper zu entschlacken ohne fasten zu müssen. Die Mischung ist so zusammengesetzt, dass einerseits der Stoffwechsel angeregt wird und der Körper zugleich von freien Radikalen, Schadstoffen und Giften entschlackt wird. Ingwer und Lapacho stärken das Immunsystem.“
„Detox-Tee-Kur– regt den Stoffwechsel an, entgiftet und stärkt“
„Durch das Ankurbeln des Stoffwechsels, wird die körpereigene Entgiftung gestärkt.“
„Detox! befreit Deinen Körper von den schädlichen Alltagsgiften und Schlacken und stellt eine wertvolle Ergänzung für ein Entgiftungsprogramm dar.“
„Der Grüne Tee, Matcha und Mate steigern die geistige und körperliche Leistungsfähigkeit“
„Morgen- und Abendtee, die unterstützen können nachhaltig und natürlich zu entschlacken und entgiften. Der Morgentee belebt, kurbelt den Stoffwechsel an und dämpft den Hunger über den Tag. Der Abendtee fördert die Verdauung, reinigt, entschlackt und wirkt beruhigend“.
Nach Art. 10 Abs. 1 Health Claims Verordnung dürfen gesundheitsbezogene Angaben nur dann verwendet werden, wenn diese zugelassen und in die Liste der zugelassenen Angaben aufgenommen sind. Da die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) die „Botanicals“ noch nicht abschließend geprüft hat, dürfen hier gesundheitsbezogene Angaben derzeit ausnahmsweise auch ohne Zulassung verwendet werden. Die Angaben müssen sich aber nach Art. 5, 6 Health Claims Verordnung auf anerkannte wissenschaftliche Nachweise stützen und durch diese abgesichert sein. Diese Voraussetzungen waren bei den beanstandeten Tees und ihren Inhaltsstoffen nicht erfüllt. Einige Unternehmen haben eine Unterlassungserklärung abgegeben. Andere Verfahren laufen noch.
Die Rechtsprechung zur Bewertung von gesundheitsbezogenen Angaben ist sehr streng. Die Oberlandesgerichte Celle und Düsseldorf haben entschieden, dass schon die Bezeichnung „Detox“ als solche für einen Kräutertee eine unzulässige gesundheitsbezogene Angabe ist (OLG Celle, Urteil vom 10.03.2016, Az. 13 U 77/15 – nicht rechtskräftig; OLG Düsseldorf, Urteil vom 15.03.2016, Az. I – 20 U 75/15 – nicht rechtskräftig). Gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle hat das Unternehmen Revision eingelegt. Diese wird beim Bundesgerichtshof unter dem Aktenzeichen I ZR 71/16 geführt. Mit einer Entscheidung ist dieses Jahr zu rechnen. Bis zu einer endgültigen Entscheidung des BGH greift die Wettbewerbszentrale die Bezeichnung „Detox“ Tee als solche nicht an.
Nach Art. 4 Abs. 3 Health Claims Verordnung dürfen Getränke mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Volumenprozent keine gesundheitsbezogenen Angaben tragen. In einem Newsletter verwendete ein Weinhändler dennoch die folgende Aussage: „Die Cuvée Charles de Batz, nach wissenschaftlichen Erkenntnissen der gesündeste Rotwein der Welt! Jetzt wird’s wissenschaftlich: Im Wein enthalten sind Polyphenole, die sich positiv auf das Herz-Kreislauf-System auswirken können (In Maßen genossen!). Die Untergruppe der Procyanidine sind besonders wirksam in der Vorbeugung von Erkrankungen und als Radikalenfänger.“ Die Wettbewerbszentrale ist gegen die Werbeaussagen wegen Verstoßes gegen Art. 4 Abs. 3 Health Claims Verordnung vorgegangen. Der Weinhändler hat eine Unterlassungserklärung abgegeben, sodass eine außergerichtliche Einigung erzielt werden konnte.
Die Wettbewerbszentrale rät Unternehmen dringend an, die Vorschriften der Health Claims Verordnung einzuhalten. Im Zweifel sollte von einer Formulierung eher Abstand genommen werden, da die Rechtsprechung im Umgang mit gesundheitsbezogenen Angaben sehr streng ist. Es gibt zahlreiche zugelassene Claims, auf die die Unternehmen zurückgreifen können, wenn die entsprechende Menge an Inhaltsstoffen im Produkt enthalten ist.
(u.a. HH 4 0006/17; HH 4 0019/17; HH 4 0023/17; HH 4 0032/17; HH 4 0037/17; HH 4 0038/17; HH 4 0057/17)
Weiterführende Informationen
Zur Tätigkeit der Wettbewerbszentrale im Bereich Lebensmittel >>
Jahresbericht 2015 der Wettbewerbszentrale >>
News vom 07.10.2016 // BGH zu Beauty Claims: Aussage „Repair Kapseln sorgen für eine tolle Haut, fülliges Haar und feste Fingernägel“ stellt unzulässige gesundheitsbezogene Angabe dar >>
News vom 24.07.2015 // Unzulässige Werbung für Kinderwunschtee außergerichtlich unterbunden >>
07.09.2012 // EuGH: Werbung für „bekömmlichen“ Wein ist unzulässig >>
Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 >>
Verordnung (EU) Nr. 432/2012 >>
ad
Weitere aktuelle Nachrichten
-
BGH verhandelt über Klage der Wettbewerbszentrale zur Plattformhaftung von Amazon
-
EuGH: Mitbewerber sind klagebefugt nach DS-GVO
-
Wettbewerbszentrale beanstandet unerlaubte Bewertungsaufforderungen
-
OLG Nürnberg: Referenzpreis muss unschwer zu ermitteln sein
-
Wettbewerbszentrale moniert Blickfangwerbung auf Tierfutterverpackungen als irreführend