Ein Hersteller von vorgemischten Cocktails vertrieb eine alkoholfreie „Strawberry Colada“, die auf Bauch– und Halsetikett diesen Namen trug und die eine rosa-rot-Färbung aufwies wie sie durch das Mischen von Erdbeersaft mit Kokoscreme erreicht werden kann. Auf dem Bauchetikett war das „O“ des Produktnamens durch eine grafische Erdbeere ersetzt.
Die Verkehrsbezeichnung, die lediglich auf dem Rückenetikett in zurückhaltender Aufmachung gegenüber des darüber befindlichen Produktnamens angebracht war, lautete: „Alkoholfreier Cocktail mit Erdbeer-Kokos-Geschmack“. Ausweislich des Zutatenverzeichnisses enthielt das Getränk keine Bestandteile aus Erdbeeren – insbesondere keinen Fruchtsaft oder kein –mark – stattdessen allerdings Aroma und echtes Karmin, ein roter Farbstoff, der aus weiblichen Schildläusen gewonnen wird.
Die Wettbewerbszentrale beanstandete die Aufmachung des Lebensmittels als irreführend nach den Vorgaben der Lebensmittelinformationsverordnung (EU) Nr. 1169/2011 (LMIV). Bei dem monierten Lebensmittel erwartet der Verbraucher, der das Wort „strawberry“ für „Erdbeere“ aus dem Schulenglisch kennt und auf der Verpackung umfangreich auf die vermeintliche Zutat hingewiesen wird, dass tatsächlich Erdbeermark oder –saft im Cocktail enthalten ist. Das bloße Zutatenverzeichnis reicht nicht aus, um die Irreführung auszuräumen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 02.12.2015, Az. I ZR 45/13 – Felix-Himbeer-Vanilleabenteuer II). Außerdem muss nach der LMIV auch direkt beim Produktnamen (hier „Strawberry Colada“) die Angabe der Zutaten erfolgen, die die Erdbeere ersetzen. Dies war nicht der Fall.
Das Unternehmen hat sich zur Unterlassung verpflichtet und wird das Produkt in der beanstandeten Form nicht mehr vertreiben.
Rechtlicher Hintergrund:
Nach der seit dem 13.12.2014 geltenden Lebensmittelinformationsverordnung dürfen Lebensmittel in Bezug auf Art, Identität, Eigenschaften und Zusammensetzung nicht irreführend sein (Art. 7 Abs. 1 lit. a) LMIV). Außerdem darf nach Art. 7 lit. d) LMIV durch das Aussehen, die Bezeichnung oder bildliche Darstellung nicht das Vorhandensein eines bestimmten Lebensmittels oder einer Zutat suggeriert werden, obwohl tatsächlich ein in dem Lebensmittel von Natur aus vorhandener Bestandteil oder eine normalerweise in diesem Lebensmittel verwendete Zutat durch einen anderen Bestandteil oder eine andere Zutat ersetzt wurde.
Zudem schreibt Art. 17. Abs. 5 i.V.m. Anhang VI Teil A Nr. 4 LMIV vor, dass im Falle von Lebensmitteln, bei denen ein Bestandteil oder eine Zutat, von dem die Verbraucher erwarten, dass er/sie normalerweise verwendet wird oder von Natur aus vorhanden ist, durch einen anderen Bestandteil oder eine andere Zutat ersetzt wurde, die Kennzeichnung – zusätzlich zum Zutatenverzeichnis – mit einer deutlichen Angabe des Austauschstoffes, der für die vollständige oder teilweise Ersetzung verwendet wurde, versehen sein muss. Diese Angabe muss in unmittelbarer Nähe zum Produktnamen (hier: „Strawberry Colada“) in mindestens 75 % der Schriftgröße des Produktnamens (und mind. 1,2 mm Höhe für das „kleine x“) erfolgen. Der BGH hatte am 02. Dezember 2015 (Az. I ZR 45/13 – Felix-Himbeer-Vanilleabenteuer II) entschieden, dass auch bei der Verwendung von Aromen durch die Aufmachung des Produkts der Eindruck gegeben sein kann, dass eine vermeintliche Zutat enthalten ist und dann eine Angabe beim Produktnamen erfolgen muss.
M 4 0096/16
Weiterführende Informationen
Zur Tätigkeit der Wettbewerbszentrale im Bereich Getränkewirtschaft >>
Jahresbericht 2015 der Wettbewerbszentrale >>
Urteil des BGH vom 02.12.2015, Az. I ZR 45/13 Felix-Himbeer-Vanille-Abenteuer II >>
Rechtsnormen:
Lebensmittelinformationsverordnung (EU) Nr. 1169/2011 >>
Berichterstattung der Wettbewerbszentrale zu Felix-Himbeer-Vanille-Abenteuer:
News vom 02.12.2015 – BGH: Felix-Vanille-Himbeer-Abenteuer II (Verkündung) >>
News vom 05.06.2015 – EuGH Teekanne, Az. C-195/14 >>
News vom 14.03.2014 – BGH: Felix-Vanille-Himbeer-Abenteuer I (Vorlage an den EuGH) >>
Berichterstattung der Wettbewerbszentrale zu vermeintlichen Zutaten:
Pressemitteilung vom 11.04.2012 – OLG Karlsruhe zu einem Mango-Orangenblüten-Near-Water-Getränk >>
News vom 15.05.2015 – orangerot eingefärbte Limonade mit naturgetreuer Fruchtabbildung >>
sb
Weitere aktuelle Nachrichten
-
Wettbewerbszentrale beanstandet Verlängerung einer zeitlich begrenzten Rabattaktion eines Online-Möbelhändlers als wettbewerbswidrig
-
BGH schafft Klarheit: Verkauf von Dekoartikeln durch Gartencenter an Sonntagen ist zulässig
-
Wettbewerbszentrale beanstandet Bewerbung einer Teichfolie als „UV-beständig“
-
Rückblick: Wettbewerbszentrale mit Vortrag beim BUJ Summit ESG vertreten
-
Wettbewerbszentrale beanstandet Werbung eines Möbelhauses für einen „Schautag“ am Sonntag ohne Hinweis auf ausbleibende Verkaufsaktivität als wettbewerbswidrig