Mit Urteil vom 04.05.2017 hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass ein absolutes Werbeverbot für zahnärztliche Leistungen nicht mit EU-Recht vereinbar ist (Rs. C-339/15).
Zum Sachverhalt
Ein in Belgien niedergelassener Zahnarzt stellte eine Stele mit drei bedruckten Seiten auf, auf denen sein Name, seine Tätigkeit als Zahnarzt, seine Website und seine Telefonnummer angegeben waren. Auf seiner Website informierte er Patienten über verschiedene Behandlungen. Schließlich schaltete er Anzeigen in lokalen Tageszeitungen.
Nach belgischem Recht ist die Gestaltung der Praxisbeschilderung auf wenige, sachliche Angaben beschränkt. Darüber hinaus enthält das belgische Gesetz über die Werbung in Sachen Zahnbehandlung ein absolutes Werbeverbot.
Aufgrund von Beschwerden des zahnärztlichen Berufsverbandes leitete die Staatsanwaltschaft strafrechtliche Ermittlungen gegen den Zahnarzt ein. Das Gericht erster Instanz für Strafsachen in Brüssel reichte beim EuGH ein Vorabentscheidungsersuchen ein mit dem Ziel, abzuklären, ob das nationale Werbeverbot mit europarechtlichen Vorschriften übereinstimmt.
Die Entscheidung des EuGH
Der EuGH hat gestern entschieden, dass ein absolutes Werbeverbot gegen die Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr (Richtlinie 2000/31/EG) verstößt. Nach Art. 8 der Richtlinie müssen die Mitgliedsstaaten sicherstellen, dass die Verwendung kommerzieller Kommunikation den Angehörigen reglementierter Berufe (und dazu gehört auch der Zahnarzt) gestattet ist. Zwar können berufsrechtliche Regeln Inhalt und Form der in Art. 8 Abs. 1 genannten kommerziellen Kommunikationen wirksam eingrenzen. Ein allgemeines und ausnahmsloses Verbot dieser Art von Kommunikation nehme aber nach Auffassung des EuGH der Bestimmung ihre Wirksamkeit und vereitele das vom Unionsgesetzgeber verfolgte Ziel, den Absatz von Dienstleistungen oder Waren im Wege der kommerziellen Kommunikation zu fördern.
Außerdem verstößt nach Auffassung des EuGH das belgische Werbeverbot gegen die Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV). Zwar sei das Werbeverbot geeignet, die öffentliche Gesundheit und die Würde des Zahnarztberufes zu schützen. Es gehe aber über das hinaus, was zur Erreichung dieses Zieles notwendig sei. Denn die Ziele könnten auch mit weniger einschneidenden Maßnahmen erreicht werden. Der EuGH verweist etwa auf eine Beschränkung der Formen und Modalitäten der von Zahnärzten verwendeten Werbung.
Zur Rechtslage in Deutschland
Die Werbung von Zahnärzten in Deutschland wird u. a. durch berufsrechtliche Vorschriften der Landesärztekammern geregelt. Diese kennen allerdings kein absolutes Werbeverbot. Vielmehr wird dem Arzt lediglich „berufswidrige Werbung“ untersagt (siehe § 21 der Musterberufsordnung für Zahnärzte und die identischen oder inhaltsgleichen Regelungen in den Berufsordnungen der Landeszahnärztekammern). Das Bundesverfassungsgericht hat strikten Regulierungen bereits früh eine Absage erteilt. Danach ist einem Arzt oder Zahnarzt von Verfassung wegen berufsbezogene und sachangemessene Werbung erlaubt (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 01.06.2011, Az. 1 BvR 233, 234/10; Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 23.07.2001, 1 BvR 873/00; Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 26.09.2003, 1 BvR 1608/02).
ck
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