Ein Internet-Auktionshaus kann auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wenn die Verkäufer auf dieser Plattform gefälschte Markenprodukte anbieten. Das hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 11. März 2004 entschieden. Er stellt außerdem klar, dass die Regelungen des Teledienstegesetzes (TDG), die für Dienste ein Haftungsprivileg vorsehen, bei denen der Betreiber Dritten die Speicherung fremder Inhalte erlaubt („Hosting“), für den Schadensersatzanspruch, nicht aber für den Unterlassungsanspruch gelten.
Im Einzelnen:
Die Klägerinnen stellen Uhren der Marke „ROLEX“ her und sind Inhaberinnen entsprechender Marken. Die Beklagte betreibt unter „ricardo.de” ein Internet-Auktionshaus und veranstaltet auch Fremdversteigerungen, bei denen Dritte ihre Waren im Internet zur Auktion stellen. Im Falle des Verkaufs erhält sie eine Provision. Auf dieser Plattform wurden in der Vergangenheit gefälschte ROLEX-Uhren angeboten, die ausdrücklich als Plagiate („Edelreplik“, „perfekt geklont“, „Imitat“, „Nachbildung … vom Original nicht zu unterscheiden”, „ohne Echtheitszertifikat”) bezeichnet waren und deren Preise – die Mindestgebote lagen zwischen 60 und 399 DM – weit unterhalb der Preise für echte Rolex-Uhren lagen. Die Klägerinnen haben die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch genommen und Feststellung der Schadensersatzverpflichtung begehrt. Das Landgericht Köln hatte der Klage im wesentlich stattgegeben (LG Köln CR 2001, 417), das Oberlandesgericht Köln hatte sie abgewiesen (OLG Köln CR 2002, 50).
Der Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass die Regelungen des Teledienstegesetzes (TDG), die für Dienste ein Haftungsprivileg vorsehen, bei denen der Betreiber Dritten die Speicherung fremder Inhalte erlaubt („Hosting“), für den Schadensersatzanspruch, nicht aber für den Unterlassungsanspruch gelten. Damit komme eine Haftung der Beklagten als Störerin in Betracht.
Ein solcher Anspruch setze zweierlei voraus: Zum einen müssten die Anbieter der gefälschten Rolex-Uhren im geschäftlichen Verkehr gehandelt haben, weil nur die Benutzung einer fremden Marke im geschäftlichen Verkehr eine Markenverletzung darstelle. Zum anderen müssten für die Beklagte zumutbare Kontrollmöglichkeiten bestanden haben, um eine derartige Markenverletzung zu unterbinden. Ihr sei nicht zuzumuten, jedes Angebot, das in einem automatischen Verfahren unmittelbar vom Anbieter ins Internet gestellt wird, darauf zu überprüfen, ob Schutzrechte Dritter verletzt würden. Werde ihr aber ein Fall einer Markenverletzung bekannt, müsse sie nicht nur das konkrete Angebot unverzüglich sperren, sondern grundsätzlich auch Vorsorge dafür treffen, dass es nicht zu weiteren entsprechenden Markenverletzungen komme. Dagegen hat der Bundesgerichtshof einen Schadensersatzanspruch der Klägerinnen schon deshalb verneint, weil die Beklagte mit der Eröffnung des Internet-Marktplatzes selbst keine Markenverletzung begangen und sich auch nicht an der Markenverletzung des Verkäufers beteiligt habe.
Der Bundesgerichtshof hat das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Zwar lag es im Streitfall nahe, dass die Anbieter der gefälschten Uhren im geschäftlichen Verkehr gehandelt hatten und zumutbare Möglichkeiten bestanden, derartige Angebote in Zukunft herauszufiltern. Entsprechende Feststellungen hatte das Oberlandesgericht aber noch nicht getroffen.
Urteil vom 11. März 2004 – I ZR 304/01
Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 12.03.2004
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