Die Wettbewerbszentrale ist gegen den Werbeflyer eines Photovoltaik-Startups vorgegangen. In dem per Postwurfsendung verteilten Flyer warb das Unternehmen mit der Angabe „Kostenloser Strom für Braunschweig“ für einen dynamischen Stromtarif mit Smart-Meter. Die Wettbewerbszentrale hat mehrere Angaben in dem Flyer gerügt und das Unternehmen zur Unterlassung aufgefordert.
„Kostenloser Strom für Braunschweig“
Die Wettbewerbszentrale sieht den Werbeflyer aufgrund mehrerer Aspekte als unzulässig an. Zum einen hält sie das Versprechen „kostenlosen Stroms“ für irreführend. Nach Auffassung der Wettbewerbszentrale verstehen die angesprochenen Verbraucher den Claim vor dem Hintergrund weiterer Angaben in dem Flyer so, dass sie per Saldo nichts für den Strom bezahlen müssten, weil das Unternehmen es ihnen ermögliche, Schwankungen der Strompreise an der Strombörse geschickt so auszunutzen, dass am Ende keine Kosten entstehen. Diese Erwartung wird jedoch nicht erfüllt.
Aufgrund von Netzentgelten, Steuern und Abgaben ist Strom für Privathaushalte auch bei negativen Preisen an der Strombörse immer mit bestimmten Kosten verbunden. Eine Kilowattstunde kostet mindestens einen zweistelligen Centbetrag. Darüber hinaus erreichen die Börsenstrompreise nur eine beschränkte Zeit im Jahr negative Werte. Im Jahr 2023 war das laut statista für 301 Stunden der Fall. In dieser Zeitspanne kann ein Durchschnittsverbraucher nicht seinen gesamten Stromverbrauch decken.
Fehlende Aufklärung
Zum zweiten geht es um einen Transparenzverstoß. Den vermeintlich kostenlosen Strom können Verbraucher laut der AGB des werbenden Unternehmens erst dann beziehen, nachdem sie dort eine Photovoltaikanlage, einen Stromspeicher, eine Wärmepumpe, eine E-Auto-Ladestation oder mehrere dieser Komponenten gekauft haben. Hierfür sind i.d.R. Investitionen in fünfstelliger Höhe erforderlich. Das geht aus dem Flyer nicht hervor. Die Wettbewerbszentrale beanstandet, dass dem Verbraucher wesentliche Informationen vorenthalten werden, die er für eine informierte geschäftliche Entscheidung benötigt (§ 5a Abs. 1 UWG).
„Natürlich darf man für dynamische Stromtarife werben, solange die Werbung nicht irreführend oder intransparent ist“, so Syndikusrechtsanwalt Martin Bolm von der Wettbewerbszentrale. Schon jetzt bieten einige Anbieter dynamische Stromtarife an; große Stromversorger ab 100.000 Kunden sind gesetzlich dazu verpflichtet. Ab 2025 müssen dann alle Versorger, auch solche mit weniger Kunden, einen dynamischen Tarif anbieten.
„Mit der zunehmenden Verbreitung von Smart-Metern werden wir sicherlich viele interessante Geschäftsmodelle sehen“, so Bolm. „Wenn man für einen Tarif wirbt, der erst einmal hohe Investitionen, z.B. für eine PV-Anlage, einen Stromspeicher und eine Ladestation, voraussetzt, sollte man in der Werbung darüber transparent informieren. Der Bereich nachhaltiger Stromversorgung ist aktuell sehr umkämpft. Umso wichtiger ist aus unserer Sicht, dass niemand unlautere Vorteile hat.“
Nun hat das Unternehmen eine Unterlassungserklärung abgegeben.
Weiterführende Informationen
Zur Tätigkeit der Wettbewerbszentrale im Bereich Energie >>
mb
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