Das Verwaltungsgericht Karlsruhe untersagte der Betreiberin der Stadtinformationsanlagen in Karlsruhe diese für Tabakwerbung zu nutzen und gab damit einer Klage der Stadt Karlsruhe statt (Az.: 3 K 4943/03). Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Die Stadt und die Betreiberin, eine Berliner Gesellschaft, schlossen 1985 einen Vertrag, wonach die Gesellschaft der Stadt insgesamt 50 sog. Stadtinformationsanlagen unentgeltlich zur Verfügung stellt, die an den wichtigsten Einfahrtsstraßen, den Stadtteilzentren sowie dem Stadtzentrum aufgestellt werden und auf denen zur Orientierung Stadt- bzw. Stadtbezirkspläne angebracht sind. Die Rückseite der Anlagen darf von der Betreiberin für Werbezwecke genutzt werden, wobei 1996 ergänzend vereinbart wurde, dass entsprechend dem Gemeinderatsbeschluss von 1990 Tabakwerbung untersagt ist. Anfang 2003 stellte die Stadt fest, dass die Betreiberin sich nicht an das Verbot hielt und forderte sie auf, die Tabakwerbung zu unterlassen. Die Betreiberin ist jedoch der Ansicht, das vertraglich vereinbarte Tabakwerbeverbot sei unwirksam, weil der Beschluss des Gemeinderats von 1990 mit Europarecht nicht zu vereinbaren sei.
Das Verwaltungsgericht folgte dieser Argumentation nicht und verurteilte die Betreiberin, Tabakwerbung auf den von ihr errichteten Stadtinformationsanlagen im Stadtgebiet zu unterlassen. Über die Klage hätten die Verwaltungsgerichte zu entscheiden, weil der Betreiberin mit der vertraglich eingeräumten Befugnis, öffentliche Straßen durch Werbeanlagen zu benutzen, eine straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis gewährt worden sei, die öffentlich-rechtlich zu beurteilen sei, urteilte die Kammer.
Das vertraglich vereinbarte Tabakwerbeverbot sei auch wirksam, so die Kammer weiter. Zwar dürfe die Stadt bei der Entscheidung, ob eine Sondernutzungserlaubnis erteilt werde, nur Erwägungen anstellen, die die Auswirkungen der erlaubten Nutzung auf die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs betreffen oder sich sonst unmittelbar auf den Straßengrund beziehen. Die Berücksichtigung gemeinwohlbezogener Erwägungen – etwa wie hier der Volksgesundheit -, die keinen Bezug zum Straßenbestand oder zur Straßennutzung aufwiesen, sei rechtswidrig. Hier bestehe aber wohl die Besonderheit, dass die Stadtinformationsanlagen zugleich eine öffentliche Einrichtung der Stadt seien und nicht nur Werbezwecken dienten. Es müsse daher respektiert werden, wenn die Stadt den Eindruck vermeiden wolle, sie halte Tabakkonsum für billigenswert. Letztlich könne die Frage aber offen bleiben, weil der Fehler jedenfalls nicht schwerwiegend und offenkundig sei und daher nicht zur Unwirksamkeit der vertraglichen Regelung führe.
Die Betreiberin könne auch nicht verlangen, dass das vertraglich vereinbarte Tabakwerbeverbot aufgehoben werde, weil sich die Verhältnisse geändert hätten, entschied die Kammer weiter. Die europäische Tabakrichtlinie von 1998 habe im Zeitpunkt der Vereinbarung des Tabakwerbeverbots im Jahr 1996 noch nicht existiert. Die Nichtigerklärung der Richtlinie durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) im Oktober 2000 habe daher keine Änderung der Verhältnisse bewirkt, die zu einer Anpassung des Vertrages zwinge. Allein die – durch die Entscheidung des EuGH enttäuschte – Erwartung der Beteiligten, dass in Zukunft eine europäische Richtlinie ein Verbot der Tabakwerbung regeln werde, reiche hierfür nicht aus.
Den Beteiligten steht gegen das Urteil die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zugelassen wird. Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist binnen Monatsfrist zu stellen.
Quelle: Pressemitteilung des VG Karlsruhe vom 30.06.2004
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