Der für Ansprüche aus dem Bundesdatenschutzgesetz zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat mit Urteil vom 28.10.2014, Az. VI ZR 135/13 ein Verfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland ausgesetzt und dem Europäischen Gerichtshof zwei Fragen zur Auslegung der EG-Datenschutz-Richtlinie vorgelegt.
Dem Rechtsstreit liegt eine Klage gegen ein von der Bundesrepublik betriebenes Internetportal zugrunde, bei dessen Besuch unter anderem der Name der abgerufenen Seite, der Zeitpunkt des Abrufs und die IP-Adresse des zugreifenden Rechners über das Ende des jeweiligen Nutzungsvorgangs hinaus gespeichert werden. Der Kläger verlangt Unterlassung der Speicherung der ihm zugewiesenen IP-Adressen nach Ende des jeweiligen Nutzungsvorgangs. Bei den gespeicherten IP-Adressen handelt es sich um dynamische IP-Adressen. Diese werden dem Internetnutzer, im Gegensatz zu statischen IP-Adressen, die dauerhaft einem bestimmten Anschluss zugeordnet werden, von seinem Access-Provider mit jeder Einwahl ins Internet neu zugewiesen. Nach dem Vortrag der Beklagten ist die Speicherung zur Gewährleistung und Aufrechterhaltung der Sicherheit und Funktionsfähigkeit ihrer Telemedien erforderlich. Das Amtsgericht Tiergarten wies die Klage ab (Urteil vom 13.08.2008, Az. 2 C 6/08). Im Berufungsverfahren entschied das LG Berlin (Urteil vom 31.01.2013, Az. 57 S 87/08), dass der Unterlassungsanspruch jedenfalls insoweit begründet sei, als die Speicherung von IP-Adressen in Verbindung mit dem Zeitpunkt der jeweiligen Nutzung stattfinde und der Nutzer zudem während des Nutzungsvorgangs seine Personalien angegeben habe. Darüber hinausgehende Ansprüche wies das Gericht zurück. Gegen dieses Urteil legten beide Parteien Revision zum BGH ein.
Der BGH möchte vom EuGH nunmehr wissen, ob es sich bei dynamischen IP-Adressen auch dann um personenbezogene Daten nach Art. 2 Buchstabe a der EG-Datenschutz-Richtlinie (95/46/EG) handelt, wenn der Nutzer während des Besuchs der Internetseite keine weiteren Informationen zu seiner Identität angibt und somit lediglich ein Dritter (Access-Provider) den Nutzer aufgrund seines Zusatzwissens identifizieren könnte. Ist dies der Fall, darf die IP-Adresse, wenn die Einwilligung des Nutzers zur Speicherung fehlt, nicht ohne gesetzliche Erlaubnis gespeichert werden, § 12 Abs. 1 TMG. Bei Bejahung der ersten Frage möchte der BGH vom EuGH ferner wissen, ob § 15 Abs. 1 TMG mit der EG-Datenschutzrichtlinie vereinbar ist. Nach dieser nationalen Vorschrift ist die Erhebung und die Verwendung von personenbezogenen Daten ohne Einwilligung des Nutzers nur erlaubt, soweit dies erforderlich ist, um die konkrete Inanspruchnahme des Dienstes durch den jeweiligen Nutzer zu ermöglichen und abzurechnen. Der von der Beklagten angegebene Zweck, die generelle Funktionsfähigkeit des Telemediums zu gewährleisten, könnte demnach die Verwendung der IP-Adresse über das Ende des jeweiligen Nutzungsvorgangs hinaus nicht rechtfertigen. Der BGH geht jedoch davon aus, dass Art. 7 Buchstabe f der EG-Datenschutzrichtlinie eine weitergehende Auslegung gebieten könnte und möchte dies vom EuGH klären lassen.
Weiterführende Hinweise
Pressemitteilung des BGH Nr. 152/2014 vom 28. Oktober 2014 >>
jok
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