In einer aktuellen Entscheidung hat das OLG Köln bestätigt, dass eine Influencerin Postings auf Instagram, als Werbung kennzeichnen muss, auch wenn sie für diese Beiträge keine Bezahlung erhalten hat (Urteil v. 19.02.2021, Az. 6 U 103/20).
Wie schon von der Wettbewerbszentrale berichtet (vgl. News der Wettbewerbszentrale v. 05.08.2020 // LG Köln: Influencerin muss Postings auf Instagram als Werbung kennzeichnen >>) kommen die Instanzgerichte bei der Frage, ob Influencer ihre unbezahlten Posts als Werbung kennzeichnen müssen, zu unterschiedlichen Ergebnissen. Das OLG Köln setzt sich in seiner Entscheidung mit den verschiedenen Argumenten auseinander. Einen kurzen Überblick zum Sachverhalt der Entscheidung gibt die oben genannte News, die sich mit dem erstinstanzlichen Urteil zu diesem Fall beschäftig (LG Köln, Entscheidung v. 21.07.2020, Az. 33 O 138/19).
Das OLG Köln geht hier zunächst auf die Frage ein, ob eine geschäftliche Handlung vorliegt, denn nur dann ist der Anwendungsgbereich des UWG eröffnet.
Im Ergebnis bejaht das OLG eine geschäftliche Handlung. Diese liege sowohl in der Aufmerksamkeitswerbung zugunsten der in den Posts genannten und „vertaggten“ Unternehmen als auch in der Förderung des eigenen Unternehmens der Beklagten, die unter anderem Werbedienstleistungen in Form von Posts gegen Entgelt anbiete. Auf dem Weg zu diesem Ergebnis schlussfolgern die Richter, dass es einer Bewertung als geschäftlicher Handlung nicht entgehen stehe, wenn das in Rede stehende Verhalten redaktioneller oder informierender Natur sei. Denn auch die Arbeit der Presse, des Rundfunks und sonstiger journalismusnaher Tätigkeiten seien der UWG-Kontrolle nicht entzogen, wenn ihre Tätigkeit mittelbar durch Werbung finanziert werde. Im Übrigen sei die Absicht, ein Unternehmen zu fördern nicht erforderlich. Es genüge allein der objektive Zusammenhang, also die tatsächliche Förderung oder Begünstigung kommerzieller Zwecke.
Hier finanziere die Beklagte eindeutig ihre Tätigkeit durch die Gegenleistung von Unternehmen. Dies geschehe durch Kooperationen, Einladungen und Gratisprodukte. Sie fördere damit zumindest ihr eigenes Unternehmen, und zwar auch dadurch, dass sie auf künftige Kooperationen durch ihre Bloggertätigkeit im produktnahen Bereich hoffe. Die Frage, ob eine Veröffentlichung vorwiegend der Information oder ob sie vorwiegend der Förderung von Absatzzwecken diene, hätten die Gerichte bisher an Hand von Indizien bestimmt. Diese von den Gerichten aufgestellten Kriterien seien vorliegend erfüllt. Sämtliche streitgegenständlichen Motive seien „vertaggt“, die Zahl der Follower sei erheblich und die Beklagte werde in einem Ranking als eine der erfolgreichsten Influencerinnen geführt.
Gegen eine geschäftliche Handlung spreche nicht, dass die Postings auch das Informationsinteresse der Follower am Leben der Beklagten und ihren Modeinteressen befriedige. Insoweit habe das OLG München eine geschäftliche Handlung verneint. Nach der Auffassung des OLG Köln, entscheide aber erst die konkrete Ausgestaltung des Posts darüber, ob kommerzielle oder redaktionelle Interessen überwiegen. Im vorliegenden Fall bleibe zunächst unklar, ob die redaktionellen oder die kommerziellen Interessen überwiegen oder ob sie geradezu vermischt würden. Die Beklagte habe im hier zu beurteilenden Fall eingeräumt, dass es ihr in ihren Blogs darum gehe, ein möglichst authentisches Bild ihrer Lebensumstände und Modeinteressen zu vermitteln, sie andererseits aber auch Kooperationen mit Unternehmen unterhalten habe und mit ihren Postings auch Unterstützung von Unternehmen annehme. Und genau da realisiere sich nach der Ansicht des OLG Köln die Grundkonstellation, die zur Anwendung des lauterkeitsrechtlichen Tatbestands der getarnten Werbung und die zur Anwendbarkeit des UWG führe.
Die Kölner Richter bejahen auch die die Unlauterkeitskriterien des § 5a Abs. 6 UWG, weil eine Vermutung für eine kommerzielle Zwecksetzung bestehe, es an einer Kennzeichnung dieser kommerziellen Zwecksetzung fehle und die unterlassene Kennzeichnung auch Relevanz für die geschäftliche Entscheidung angesprochener Verbraucher habe.
Zunächst stellt der Senat noch fest, dass selbst followerstarke Profile auf Instagram nicht stets kommerziell motiviert seien. Und der werbliche Charakter hier nicht aus dem Umfeld der Veröffentlichung folge. Denn wenn dies der Fall wäre, sei die fehlende Kennzeichnung entbehrlich.
Die Beklagte selbst bestätige, dass ihre Follower Wert auf Authentizität legen. Dies sei bekanntermaßen ein entscheidender Erfolgsfaktor für Influencer. Gerade der Eindruck, dass Follower einen Einblick in die durch Werbeeinflüsse und Entgeltfinanzierung unbeeinflusste private, also letztlich „ehrliche“ Lebensführung erhielten, führe dazu, dass die Follower eine Haltung entwickelten, die sie gegenüber werbefinanzierten und wegen der Bezahlung geäußerten Vorlieben nicht hätten.
In diesem Zusammenhang setzten sich die Richter mit dem Referentenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht auseinander, das noch keine kein geltendes Recht darstelle. Sie sind der Ansicht, dass der Nachweis einer kommerziellen Absicht auch aus anderen Umständen als der Zahlung eines direkten Entgelts gefolgert werden könne (weshalb es fraglich sei, ob der Vorschlag im Referentenentwurf richtlinienkonform sei).
Das OLG Köln legt seine Auffassung wie folgt dar:
„Aus Sicht des Senats kann weder pauschal gefolgert werden, dass ein auch geringer redaktioneller Anlass bereits das kommerzielle Interesse ausschließt, noch dass allein bei Nachweis eines konkreten Entgelts die Unlauterkeit anzunehmen wäre. Entscheidend ist vielmehr, dass § 5a Abs. 6 UrhG eine Vermutung zugunsten einer überwiegenden kommerziellen Absicht nur ausschließt, wenn einerseits sowohl eine konkrete Entgeltzahlung als auch ein mittelbarer Vorteil seitens des begünstigen Unternehmens ausscheidet, andererseits keine einseitige und übermäßige Herausstellung des objektiv begünstigten Unternehmens vorliegt ….
Einerseits ist dem Blogger also der Nachweis zu gestatten, dass und inwiefern die von ihm präsentierten Produkte und Accessoires mit eigenen Mitteln beschafft wurden …, andererseits ist zu gewichten, ob und in welchem Maße die zu den Bilddarstellungen gesetzten Texte einen Informationsgehalt haben und ob die Links zu den davon objektiv begünstigten Unternehmen redaktionell veranlasst und in der vorgenommenen Form auch erforderlich sind, um den redaktionellen Anlass zu erfüllen. Auf diese Weise wird dem Gefährdungspotential Rechnung getragen, das gerade die soziale Kommunikation für Verbraucherinteressen in sich trägt. Die Kennzeichnungsgebote für kommerzielle Kommunikationen soll nämlich den Verbraucher vor einer Irreführung über die eigentliche Motivation einer Kommunikation schützen, aber auch wirtschaftliche Einflüsse auf die inhaltliche Kommunikation begrenzen … . Der ursprünglich für Rundfunk und Presse entwickelte Grundsatz ist auch bei der sozialen Kommunikation in Diensten wie Instagram beachtlich. Gerade durch die Vermischung privater Kommunikation mit der dadurch angestrebten Entwicklung eines für die Unternehmenskommunikation attraktiven Images der Protagonisten ist eine klare Trennung zwischen kommerziellen und inhaltlichen Botschaften vorzunehmen. …
Die Kennzeichnungspflicht verbietet eine Vermischung redaktioneller und werblicher Kommunikation nicht, sie erfordert nur die Herstellung von Transparenz, bei einer Vermischung also die Kennzeichnung als Werbung. Die Befürchtungen der Beklagten, dass ihre Tätigkeit durch eine solche Pflicht insgesamt begrenzt oder beeinträchtigt werden könnte, sind insoweit unbegründet …. Sie darf auf die streitgegenständliche Weise kommunizieren, muss aber bei fehlendem Eigenerwerb und bei fehlendem redaktionellen Anlass die Kommunikation als kommerziell motiviert kennzeichnen.“
Im vorliegenden Fall konnte die Beklagte die Vermutung eines kommerziellen Zwecks ihrer Kommunikation nicht entkräften und unterlag auch in der Berufungsinstanz. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Revision wurde zugelassen.
Zur Neuregelung zum Influencer-Marketing durch den Entwurf eines Geetzes zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht
Mit diesem Gesetz soll die Richtlinie Richtlinie (2019/2161/EU) umgesetzt werden. Es sieht diverse Änderungen im UWG vor. Über die Regelungen zur Umsetzung der Richtlinie hinausgehend enthält der Entwurf weitere Änderungen, welche den Anwendungsbereich des UWG klarstellen sollen. Diese Änderungen haben insbesondere Bedeutung für das Influencer-Marketing. Die geplante Neuregelung soll wegen der divergierenden Entscheidungen deutscher Gerichte im Hinblick auf das Influencer-Marketing klarstellen, in welchen Fällen Inhalte im Internet einem kennzeichnungspflichtigen kommerziellen Zweck dienen. Der neue § 5a Abs. 4 UWG-RegE soll lauten:
„(4) … Ein kommerzieller Zweck liegt bei einer Handlung zugunsten eines fremden Unternehmers nicht vor, wenn der Handelnde kein Entgelt oder keine ähnliche Gegenleistung für die Handlung von dem fremden Unternehmer erhält oder sich versprechen lässt. Der Erhalt oder das Versprechen einer Gegenleistung wird vermutet, es sei denn der Handelnde macht glaubhaft, dass er eine solche nicht erhalten hat.“
Wäre diese Regel in Kraft müsste der Influencer einen Post nicht kennezeichnen, wenn er nachweisen kann, dass er kein Entgelt erhalten hat. Genau diesem Regelungsinhalt erteilt das OLG Köln in dieser Pauschalheit eine Absage und ist der Ansicht, dass diese Regelung wahrscheinlich nicht richtlinienkonform sei. Es bleibt abzuwarten, in welcher Form das Gesetzt erlassen wird. Den bisherigen Verlauf zum Gesetzesvorlagen finden Sie hier >>.
Weiterführende Informationen
OLG München, Urteil v. 25.06.2020, Az. 29 U 2333/19) >>
Entscheidungen zum Influencer Marketing in der Datenbank der Wettbewerbszentrale (Login erforderlich)
OLG Frankfurt a. M., Beschluss v. 28.06.2019, Az. 6 W 35/19 >>
LG München I, Urteil v. 29.04.2019, Az. 4 HK O 14312/18 >>
LG Karlsruhe, Urteil v. 21.03.2019, Az. 13 O 38/18 KfH, AfP 2019 >>
OLG Braunschweig, Hinweisbeschluss v. 08.01.2019, Az. 2 U 89/19 >>
Anderer Ansicht ist das KG Berlin, Urteil v. 08.01.2019, Az. 5 U 83/18 >>
cb
Weitere aktuelle Nachrichten
-
Wettbewerbszentrale beanstandet unerlaubte Bewertungsaufforderungen
-
OLG Nürnberg: Referenzpreis muss unschwer zu ermitteln sein
-
Wettbewerbszentrale moniert Blickfangwerbung auf Tierfutterverpackungen als irreführend
-
Rückblick: Herbstseminar 2024 der Wettbewerbszentrale mit gelungenem Auftakt
-
EuGH: Ein gestiegener Preis kann kein „Highlight“ sein