Das OLG Hamm hat in einem einstweiligen Verfügungsverfahren eines Wettbewerbers einem Unternehmen untersagt, u.a. mit der Aussage „CO2 Reduziert“ zu werben (OLG Hamm, Urteil vom 19.08.2021 – 4 U 57/21).
Das Gericht verwies zunächst auf die langjährige Rechtsprechung des BGH zu umweltbezogener Werbung und schloss sich dieser an. Werbung mit Umweltschutzbegriffen und -zeichen sei – ähnlich wie gesundheitsbezogene Werbung – nach strengen Maßstäben zu beurteilen. Wegen der weiterhin bestehenden Unklarheiten insbesondere über Bedeutung und Inhalt von Begriffen wie etwa „umweltfreundlich“, „umweltverträglich“, „umweltschonend“ oder „bio“ sowie der hierauf hindeutenden Zeichen sei eine Irreführungsgefahr im Bereich der umweltbezogenen Werbung besonders groß, zumal beworbene Produkte überdies regelmäßig nicht insgesamt und nicht in jeder Beziehung, sondern meist nur in Teilbereichen mehr oder weniger umweltschonender seien als andere Waren.
Unter diesen Umständen bestehe ein gesteigertes Aufklärungsbedürfnis der angesprochenen Verkehrskreise über Bedeutung und Inhalt der verwendeten Begriffe und Zeichen. An die zur Vermeidung einer Irreführung erforderlichen aufklärenden Hinweise seien daher grundsätzlich strenge Anforderungen zu stellen, die sich im Einzelfall nach der Art des Produktes und dem Grad und Ausmaß seiner „Umweltfreundlichkeit“ bestimmen.
Fehlten aufklärende Hinweise in der Werbung oder seien sie nicht deutlich sichtbar herausgestellt, bestehe in besonders hohem Maße die Gefahr, dass bei den angesprochenen Verkehrskreisen irrige Vorstellungen über die Beschaffenheit der angebotenen Ware hervorgerufen werden und sie dadurch in ihrer Kaufentscheidung beeinflusst werden.
Diesen Anforderungen genüge die Werbung nicht. Die Werbeaussage „CO2 Reduziert“ lasse in ihrer Allgemeinheit vollkommen offen, in Bezug auf welchen konkreten Aspekt des Produktionsprozesses, der Verpackung und des Vertriebs eine Umweltfreundlichkeit bzw. eine CO2-Reduktion in Relation zu welchem Standard konkret vorliegen soll und in welcher Hinsicht die verwendeten Verpackungen besonders nachhaltig sein sollen.
Werbung mit umweltbezogenen Aussagen in der Praxis der Wettbewerbszentrale
Auch in der Praxis der Wettbewerbszentrale spielt Werbung mit umweltbezogenen Aussagen eine wichtige Rolle: Die Wettbewerbszentrale hatte Beschwerden zur Werbung mehrerer Unternehmen mit der pauschalen Aussage „klimaneutral“ erhalten. In der Werbung wurde nicht darüber aufgeklärt, dass die beworbene Klimaneutralität nur ein bilanzielles Ergebnis darstellte, das erst durch den Kauf von CO2-Zertifikaten erreicht wurde. Auch wurde nicht der Anteil der eigenen Maßnahmen zur Emissionsminderung und -vermeidung genannt, die zur Klimaneutralität führen. Nach Auffassung der Wettbewerbszentrale ist aber der Anteil der Eigenmaßnahmen, die besonders nachhaltig, zeit- und kostenintensiv sind, eine wesentliche Information, die dem Verbraucher in der Werbung zur Verfügung gestellt werden muss. Die Wettbewerbszentrale sieht diese Werbemaßnahmen als irreführend und intransparent an. Daher führt die Selbstkontrollinstitution mehrere Gerichtsverfahren, um die Anforderungen an die Werbung mit „klimaneutral“ klären zu lassen und Rechtssicherheit zu erreichen.
Die Entscheidung des OLG Hamm bestätigt erneut, dass gerade an die Werbung mit Umweltaspekten strenge Maßstäbe anzulegen sind und eine Aufklärung erfolgen muss.
Weiterführende Informationen
Pressemitteilung zur Werbung mit „klimaneutral“ vom 19.05.2021 >>
Hintergrundpapier zur Werbung mit umweltbezogenen Angaben vom 19.05.2021 >>
OLG Hamm, Urteil vom 19.08.2021 – 4 U 57/21 >>
tv
Weitere aktuelle Nachrichten
-
BGH verhandelt über Klage der Wettbewerbszentrale zur Plattformhaftung von Amazon
-
EuGH: Mitbewerber sind klagebefugt nach DS-GVO
-
Wettbewerbszentrale beanstandet unerlaubte Bewertungsaufforderungen
-
OLG Nürnberg: Referenzpreis muss unschwer zu ermitteln sein
-
Wettbewerbszentrale moniert Blickfangwerbung auf Tierfutterverpackungen als irreführend