Home Gesundheit Gesundheitshandwerk OLG Hamburg: Payback-Punkte beim Hörgerätekauf sind weitgehend unzulässig

OLG Hamburg: Payback-Punkte beim Hörgerätekauf sind weitgehend unzulässig

In einem Verfahren der Wettbewerbszentrale hat das OLG Hamburg entschieden, dass die Hörgerätewerbung mit Payback-Punkten im Wert von über 5 EUR die in Sachprämien, Einkaufsgutscheine, Spenden oder Prämienmeilen umgewandelt werden können, unzulässig ist (Urteil vom 29.02.2024, Az. 3 U 83/21, nicht rechtskräftig). 

Die Beklagte ist ein führender Hörakustiker mit mehreren hundert Filialen in Deutschland. Sie warb im Jahr 2019 auf ihrer Website mit „X ist Payback-Partner/Payback Punkte Sammeln bei jedem Einkauf“ und bot Payback-Punkte beim Kauf all ihrer Produkte an, darunter auch für den Kauf von Hörgeräten. Die Wettbewerbszentrale ging dagegen vor, weil sie von einem Verstoß gegen § 7 Heilmittelwerbegesetz (HWG) ausging. Danach sind Werbegaben und Zuwendungen für Medizinprodukte wie Hörgeräte in der Regel unzulässig.

Abstrakte Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung

Das Landgericht Hamburg wies in erster Instanz die Klage ab und vertrat die Auffassung, es liege kein Verstoß gegen § 7 HWG vor: Die Beklagte betreibe schon keine produktbezogene Werbung, sondern zulässige Imagewerbung für ein Kundenbindungssystem. Davon abgesehen handele es sich um einen zulässigen Barrabatt.

In der Berufung hat das OLG Hamburg der Klage nun weitgehend stattgegeben. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz handele es sich hier ohne weiteres um produktbezogene Werbung, wie sich aus der Rechtsprechung des BGH zu einer sortimentsweiten Werbung für Arzneimittel oder Medizinprodukte ergebe. Das gelte auch dann, wenn der Werbende die Werbegaben – wie beispielsweise Prämienpunkte – als Teil eines Kundenbindungssystems darstelle, an dem er beteiligt ist. Der angesprochene Verkehr verstehe die Payback-Punkte auch als Geschenk. Es könne auch nicht ausgeschlossen werden, dass ein Verbraucher, der ein Hörgerät braucht, durch die Werbung mit den Bonuspunkten veranlasst werde, das Hörgerät gerade deswegen bei der Beklagten zu kaufen. Dies reiche bereits für die „abstrakte Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung“ aus. 

Die Payback-Punkte stellten, so die OLG-Richter, auch keinen zulässigen Barrabatt dar. Es sei auch durch die Rechtsprechung des BGH umfassend geklärt, dass Rabattgutscheine für den nachfolgenden Erwerb weiterer Produkte nicht unter diese Ausnahme fielen. Insofern hat das OLG Hamburg auf den Beschluss des BGH „Gutscheinwerbung“ aus dem Juli 2023 verwiesen (Beschluss vom 13.07.2023, Az. I ZR 182/22, kein Verfahren der Wettbewerbszentrale). 

Was bedeutet geringwertig?

Jedoch geht das OLG Hamburg davon aus, dass Prämienpunkte, wie Payback-Punkte, bis zu einem Wert von 5,00 € je Hörgerät als „geringwertige Kleinigkeiten“ zulässig seien (§ 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 HWG). Es hat der Klage daher nur im Hilfsantrag stattgegeben. Zuletzt hatte zwar der BGH in der Arzneimittelwerbung die Schwelle für Geringwertigkeit bei 1,00 € gesehen. Aber das OLG legt die Schwelle für Medizinprodukte nun höher. Bei Medizinprodukten, so der 3. Zivilsenat, bestehe im Gegensatz zu Arzneimitteln ein Preiswettbewerb, und auch aufgrund der allgemeinen Preissteigerung sei erst ab einem Wert über 5,00 € je Hörgerät zu befürchten, dass sich Verbraucher von dem Anreiz bei ihrer Kaufentscheidung leiten ließen. Das Gericht hat die Revision zugelassen, da der BGH bislang offengelassen habe, welche Wertgrenze bei einer sog. Publikumswerbung außerhalb verschreibungspflichtiger Arzneimittel gelte. 

„Wir sehen uns in zwei Aspekten in unserer Rechtsauffassung bestätigt“, so Martin Bolm, Syndikusrechtsanwalt bei der Wettbewerbszentrale. „Zum einen begrüßen wir, dass das Oberlandesgericht erfreulich deutlich war – eine solche Werbung mit Bonuspunkten ist produktbezogen und es gilt das grundsätzliche Verbot für Zugaben. Zum anderen bestätigt das OLG, dass Bonuspunkte wie Payback keine Barrabatte sind. Solche Anreize können lediglich in ganz geringer Höhe ausnahmsweise zulässig sein. Da höchstrichterlich bislang nicht geklärt ist, welche Wertschwelle für Medizinprodukte gilt, werden wir prüfen, ob wir in diesem Punkt Revision einlegen.“ 

Weiterführende Informationen

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mb

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