Der Bundesgerichtshof (BGH, Beschluss vom 29. Juli 2021, Az. I ZR 135/20) hat dem EuGH Fragen dazu vorgelegt, ob bei der Werbung für Waren in Pfandbehältern der Pfandbetrag gesondert ausgewiesen werden darf oder ein Gesamtpreis einschließlich des Pfandbetrags angegeben werden muss.
Die Rechtsprechung der Instanzgerichte dazu war bisher uneinheitlich. Die Landgerichte Frankfurt am Main, Gera und Essen haben entschieden, dass bei der Preisangabe der vom Verbraucher zu zahlende Flaschenpfand in den Endpreis in der Werbung einzurechnen sei (LG Frankfurt am Main, Urteil vom 22.11.2019, Az. 3-10 O 50/19; LG Gera, Urteil vom 21.10.2019, Az. 11 HK O 35/19 und LG Essen, Urteil vom 29.08.2019, Az. 43 O 145/18). Der vom Kunden beim Kauf mit zu entrichtende Flaschenpfand sei Teil des Endpreises und dieser als solcher anzugeben.
Das OLG Dresden kam zu dem Ergebnis, dass der Pfandbetrag für Ein- und Mehrwegflaschen keinen Preisbestandteil darstellt, der bei der Berechnung des Grundpreises zu berücksichtigen ist (OLG Dresden, Urteil vom 17.09.2019, Az. 14 U 807/19). Auch der 6. Zivilsenat des OLG Köln urteilte, dass der Flaschenpfand kein Teil des Kaufpreises sei und damit auch nicht in den zu nennenden Gesamtpreis in der Werbung mit einzurechnen sei (OLG Köln, Urteil vom 06.03.2020, Az. 6 U 89/19).
Dieser Auffassung schloss sich im Ergebnis auch das OLG Schleswig an (OLG Schleswig, Urteil vom 30.07.2020, Az. 6 U 49/19 – nicht rechtskräftig). Auch wenn das OLG Schleswig die maßgebliche Bestimmung in der Preisangabenverordnung für europarechtswidrig hält, verneint es aber einen Unterlassungsanspruch. Denn einem Unternehmer könne es nicht als unlauteres Verhalten angelastet werden, wenn er sich an ein nationales Gesetz halte.
In dem zu diesem Urteil des OLG Schleswig beim Bundegerichtshof anhängigen Revisionsverfahren hat der BGH nun dem EuGH die Frage vorgelegt, ob die Preisangabenrichtlinie eine getrennte Angabe des Pfandbetrages zulässt.
Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs stellen sich dazu zwei Fragen. Zunächst soll sich der EuGH dazu äußern, ob der Begriff des Verkaufspreises im Sinne von Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 98/6/EG dahin auszulegen ist, dass er den Pfandbetrag enthalten muss, den der Verbraucher beim Kauf von Waren in Pfandflaschen oder Pfandgläsern zahlen muss.
Falls der Verkaufspreis im Sinne von Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 98/6/EG den Pfandbetrag enthalten muss, möchte der Bundesgerichtshof mit der zweiten Vorlagefrage wissen, ob die Mitgliedsstaaten nach Art. 10 der Richtlinie 98/6/EG berechtigt sind, eine von Art. 3 Abs. 1 und 4 in Verbindung mit Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 98/6/EG abweichende Regelung wie die in § 1 Abs. 4 PAngV beizubehalten, wonach für den Fall, dass außer dem Entgelt für eine Ware eine rückerstattbare Sicherheit gefordert wird, deren Höhe neben dem Preis für die Ware anzugeben und kein Gesamtbetrag zu bilden ist, oder ob dem der Ansatz der Vollharmonisierung der Richtlinie 2005/29/EG entgegensteht.
Weiterführende Informationen
Pressemitteilung des Bundesgerichtshofes vom 29.07.2021, abrufbar im Online Angebot des BGH >>
Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofes vom 29.07.2021
pbg
Weitere aktuelle Nachrichten
-
BGH verhandelt über Klage der Wettbewerbszentrale zur Plattformhaftung von Amazon
-
EuGH: Mitbewerber sind klagebefugt nach DS-GVO
-
Wettbewerbszentrale beanstandet unerlaubte Bewertungsaufforderungen
-
OLG Nürnberg: Referenzpreis muss unschwer zu ermitteln sein
-
Wettbewerbszentrale moniert Blickfangwerbung auf Tierfutterverpackungen als irreführend