Der Bundesgerichtshof (BGH) wird morgen in zwei Verfahren, in denen Ärzte vom Bewertungsportal Jameda die Unterlassung der dort sichtbaren Einträge verlangen, mündlich verhandeln. In diesen Verfahren steht aus Sicht der Wettbewerbszentrale das Geschäftsmodel von vielen Bewertungsplattformen grundsätzlich auf dem Prüfstand des BGH.
In beiden Verfahren werden Ärzte von Jameda auf der Plattform gegen Ihren erklärten Willen mit einem kostenlosten sogenannten Basiseintrag geführt. Sie möchten die Löschung bzw. Unterlassung dieses Eintrages erreichen. Sie waren beim OLG Köln mit ihren Unterlassungsanträgen nur zu einem ganz geringen Teil erfolgreich und verfolgen diese in vollem Umfange weiter.
Das OLG Köln hat die auf Unterlassung gerichteten Anträge der Ärzte zu großen Teilen abgewiesen. Der Portalbetreiber könne seine auf das Grundrecht der Meinungs- und Medienfreiheit gestützte Rechtsposition gegenüber den Betroffenen nur mit geringerem Gewicht geltend machen, soweit er seine Stellung als neutraler Informationsmittler nicht mehr wahre und seinen eigenen Kunden in Gewinnerzielungsabsicht verdeckte Vorteile verschaffe. Dies sei dann der Fall, wenn Basiskunden auf dem Portal als „Werbeplattform“ für Premiumkunden benützt würden und den Premiumkunden dadurch ein Vorteil gewährt werde, der schließlich aus Sicht des durchschnittlichen Nutzers verdeckt, mithin für diesen nicht erkennbar, erfolge.
Der BGH hatte zwar 2014 entschieden, dass Ärzte einen Eintrag und die Bewertungen auf Jameda grundsätzlich dulden müssen (BGH, Urteil vom 23.09.2014, Az. VI ZR 358/13). Er wägt zwischen dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Arztes, seinem Recht auf Berufsausübung und dem Recht auf Kommunikations- und Meinungsfreiheit des Patienten ab und gibt diesem Recht des Patienten, seine Meinung öffentlich im Internet zu äußern, den Vorrang. 2018 hat er dann allerdings in einer ebenfalls zu Jameda ergangenen Entscheidung einen Unterlassungsanspruch gegen Jameda im Hinblick auf die fehlende Neutralität der Plattform bejaht (BGH, Urteil vom 20.02.2018, Az. VI ZR 30/17).
Der BGH wird also zu klären haben, ob die auf der Plattform vorgenommen Änderungen nun zu einer anderen Bewertung des Geschäftsmodells führen. Dies wird auch für andere solcher Plattformmodelle von Bedeutung sein.
Weiterführende Informationen
News vom 20.02.2018 // BGH bejaht Löschungsanspruch – Jameda werden Werbeanzeigen zum Verhängnis >>
pbg
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