Das OLG Frankfurt a. M. hat zu der Frage entschieden, ob ein Unterlassungsschuldner nach Erlass einer einstweiligen Verfügung seine Werbeadressaten über das ergangene Verbot zu informieren hat (Urteil v. 01.08.2018, Az. 6 W 53/18).
Der Schuldnerin war untersagt worden, ihr Produkt „X“ mit den Angaben „X mit Sicherheit kennzeichnungsfrei (…) So ist X auch weiterhin erste Wahl in der Sanitärreinigung, wenn es um (…) die Vorteile kennzeichnungsfreier Produkte geht“ zu bewerben. Die Antragstellerin begehrte dann die Verhängung von Ordnungsmitteln, da die Schuldnerin es unterlassen habe, u. a. Händler über das Werbeverbot zu informieren. Deshalb hätten mehrere Abnehmer weiter mit der untersagten Kennzeichnungsfreiheit geworben. Die Schuldnerin sei somit ihrer Störungsbeseitigungspflicht nicht ausreichend nachgekommen.
Das LG Frankfurt a. M. hatte ein Ordnungsgeld gegen die Schuldnerin verhängt (Urteil v. 19.04.2018, Az. 3-10 O 45/17). Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde hatte dem Grunde nach keinen Erfolg. Das OLG Frankfurt a. M. bestätigte den vom Landgericht angenommenen Verstoß gegen die einstweilige Verfügung.
Dazu führte das Oberlandesgericht weiter aus, dass das Werbeverbot der ergangenen einstweiligen Verfügung jede Werbung mit einer Kennzeichnungsfreiheit für X-Produkte erfasse. Die Schuldnerin habe dadurch gegen das Unterlassungsgebot verstoßen, dass sie nicht versucht habe, durch Information der Weiterverkäufer den geschaffenen Störungszustand zu beseitigen. Grundsätzlich müsse ein Schuldner, der zu Unterlassung verpflichtet sei, durch einen Rückruf des Produkts dafür sorgen, dass bereits ausgelieferte Produkte von seinen Abnehmern nicht weiter vertrieben werden. In den Fällen, in denen bei einer irreführenden Angabe auf einer Internetseite keine Fortwirkung der Rechtsverletzung durch Produkte im Umlauf bestehe, sei eine Fortwirkung in der Weise vorstellbar, dass sich Kunden, die die Angabe gelesen haben, noch daran erinnern. Dies sei hier der Fall, da es sich nicht um eine beliebige Werbeangabe der Antragsgegnerin gehandelt habe, sondern um den zentralen „unique selling point“, der das Produkt der Schuldnerin von den meisten anderen Wettbewerbsprodukten unterscheiden sollte. Es sei der Schuldnerin mit der angegriffenen Werbung gerade darauf angekommen, „X“ als kennzeichnungsfrei vorzustellen und deshalb habe sie auch davon ausgehen müssen, dass Händler über einen längeren Zeitraum diese Bewerbung des Produkts an Kunden weitergegeben haben. Aus diesem Grund sei sie verpflichtet gewesen, den Markt darüber zu informieren, dass das Produkt nicht mehr mit „kennzeichnungsfrei“ beworben werden dürfe.
Unter dem Titel „Was Tun? Sorgfaltspflichten nach Abgabe einer Unterlassungserklärung“ werden diese Fragestellungen auch Thema auf dem am 09. November 2018 stattfindenden 9. Gesundheitsrechtstag der Wettbewerbszentrale sein.
Weitere Informationen zum 9. Gesundheitsrechtstag der Wettbewerbszentrale finden Sie hier >>.
Weiterführende Informationen
Urteil im Volltext aus der Landesrechtsprechungsdatenbank Hessen >>
Entscheidungen im Angebot der Wettbewerbszentrale (Login erforderlich)
lk/pbg
Weitere aktuelle Nachrichten
-
Landgericht Frankfurt a. M. untersagt Werbung für Vermittlung von Handwerksleistungen als irreführend
-
BGH: Händedesinfektionsmittel darf nicht mit „hautfreundlich“ beworben werden
-
BGH verhandelt über Klage der Wettbewerbszentrale zur Plattformhaftung von Amazon
-
EuGH: Mitbewerber sind klagebefugt nach DS-GVO
-
Wettbewerbszentrale beanstandet unerlaubte Bewertungsaufforderungen