Home News Grundsatzverfahren zu Werbung für Legal-Tech Dienstleistungen: LG Berlin hält Dienstleistungen eines Inkassounternehmens für zulässig

Grundsatzverfahren zu Werbung für Legal-Tech Dienstleistungen: LG Berlin hält Dienstleistungen eines Inkassounternehmens für zulässig

In einem Grundsatzverfahren hat sich das Landgericht Berlin erneut mit der Werbung eines sogenannten Legal-Tech Portals beschäftigt (LG Berlin, Urteil vom 15.01.2019 – 15 O 60/18- nicht rechtskräftig). Dieses bietet Verbrauchern Hilfe bei der Durchsetzung ihrer Rechte bei Wohnraummietverträgen unter anderem im Zusammenhang mit der sogenannten Mietpreisbremse (§§ 556d ff. BGB) an. Die Entscheidung ist aus Sicht der Wettbewerbszentrale als weiterer Beitrag zur aktuellen, auch politisch geführten Diskussion um eine mögliche Regulierung dieses Bereichs anzusehen.

In einem Grundsatzverfahren hat sich das Landgericht Berlin erneut mit der Werbung eines sogenannten Legal-Tech Portals beschäftigt (LG Berlin, Urteil vom 15.01.2019 – 15 O 60/18- nicht rechtskräftig). Dieses bietet Verbrauchern Hilfe bei der Durchsetzung ihrer Rechte bei Wohnraummietverträgen unter anderem im Zusammenhang mit der sogenannten Mietpreisbremse (§§ 556d ff. BGB) an. Die Entscheidung ist aus Sicht der Wettbewerbszentrale als weiterer Beitrag zur aktuellen, auch politisch geführten Diskussion um eine mögliche Regulierung dieses Bereichs anzusehen.

Die Entscheidung des LG Berlin

In dem vom LG Berlin entschiedenen Fall (LG Berlin, Urteil vom 15.01.2019 – 15 O 60/18 – nicht rechtskräftig) hatte die Rechtsanwaltskammer Berlin das Angebot des Portal „wenigermiete.de“ beanstandet. Zum einen ging es dabei um die Frage, ob die vom Portal erbrachten Leistungen von der bestehenden Inkassoerlaubnis des Anbieters gedeckt sind. Die Rechtsanwaltskammer war der Auffassung, die angebotenen Rechtsdienstleitungen seien von dieser Erlaubnis nicht gedeckt. Zum anderen wurde u.a. die Bezeichnung der Beklagten als „Rechtsdienstleistungsgesellschaft“ als irreführend beanstandet.

Das LG Berlin kommt in seiner Entscheidung zu dem Ergebnis, dass die tatsächlich von dem Portal erbrachten Leistungen von der bestehenden Inkassoerlaubnis gedeckt seien. Einige der angebotenen Leistungen seien gar keine Rechtsdienstleistungen, die einer Erlaubnis bedürften. Die rein schematischen Rechenoperationen im Rahmen der ersten Überprüfung und deren Auswertung seien keine erlaubnispflichtige Rechtsdienstleistung. Die restlichen Tätigkeiten wie erforderliche qualifizierte Rüge zur Durchsetzung der Mietpreisbremse, die Vermittlung eines Anwalts zur Durchsetzung der Verbraucherrechte oder die Finanzierung der erforderlichen Gerichtsverfahren seien entweder keine erlaubnispflichtige Rechtsdienstleistung oder von der Inkassoerlaubnis umfasst.

„Das Verfahren hat aus Sicht der Wettbewerbszentrale grundsätzliche Bedeutung, weil die Frage, ob die angebotenen Tätigkeiten von Legal Tech Portalen von einer lediglich bestehenden Inkassoerlaubnis gedeckt sind, umstritten ist.“, kommentiert Rechtsanwalt Peter Breun-Goerke aus der Geschäftsführung der Wettbewerbszentrale das Urteil.

„Das Gericht verlangt hinsichtlich der Werbung mehr Transparenz im Hinblick auf die angebotenen Dienstleistungen und setzt damit die bisher dazu ergangenen Entscheidungen der Gerichte fort. Das ist ausdrücklich zu begrüßen.“, so Breun-Goerke weiter.

Weitere Urteile und Verfahren zu fehlender Transparenz

Die Wettbewerbszentrale hatte bereits im Juli 2018 auf die Rechtsprechung zu irreführender Werbung für Legal-Tech Dienstleistungen hingewiesen ( vgl. dazu die News vom 27.07.2018).

Sie selbst führt derzeit ein Verfahren vor dem LG Berlin (Az. 15 O 534/18) gegen die aus ihrer Sicht irreführende Werbung eines Portals zur Durchsetzung arbeitsrechtlicher Abfindungen. Das Portal bewirbt den Ankauf von arbeitsrechtlichen Abfindungsforderungen mit dem Slogan „Jetzt Abfindung ohne Kosten erhalten – Einfach.Blitzschnell.Online“. Tatsächlich sieht das Portal in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen jedoch vor, dass lediglich 60-80% der Abfindungsforderung beim Auftrag gebenden Arbeitnehmer verbleiben. Nach Auffassung der Wettbewerbszentrale ist die Werbung damit nicht nur irreführend, sondern verstößt auch gegen die Nr. 21 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG. Danach ist es per se unzulässig, eine Dienstleistung als „kostenfrei“ zu beschreiben, wenn hierfür gleichwohl Kosten zu tragen sind.

In einem weiteren Verfahren hatte das Landgericht Bielefeld die Werbung eines Portals, das Verbrauchern ebenfalls anbietet, ihre Forderungen nach einer arbeitsrechtlichen Abfindung im Falle einer Kündigung durchzusetzen, als irreführend untersagt (LG Bielefeld, Urteil vom 12.12.2017 – 15 O 67/17). Das Gericht sieht die Irreführung darin, dass Verbraucher den Eindruck einer individuellen Prüfung ihrer Ansprüche durch das Portal erhalten, die gar nicht stattfindet. Auch die Werbung, dass die Inanspruchnahme des Portals „günstiger als jeder Anwalt“ sei, wurde als unrichtig und irreführend eingestuft. Der Hinweis, dass die individuelle Beauftragung eines Anwalts für den Verbraucher stets mit einem hohen Zeitaufwand und mit Stress verbunden sei, die Leistungen des Portals aber nicht, wurde ebenso als irreführend untersagt.

Was ist Legal Tech

Der Begriff „Legal-Tech“ ist eher diffus und nicht wirklich definiert. So werden ganz unterschiedliche Sachverhalte von diesem Schlagwort erfasst. Neben der Digitalisierung im Rechtsbereich von Anwälten und Justiz werden darunter auch Portale erfasst, die Verbrauchern z. B. Hilfe bei Ärger rund um Reise, Verkehrsverstöße oder die Regulierungen nach einem Autounfall anbieten (vgl. dazu den Überblick in Finanztest 2018, „Bequem und günstig streiten“ Heft 8/2018, Seite 12). Ziel ist es, die Schwelle für den Verbraucher für seinen Zugang zum Recht herabzusetzen, was politisch grundsätzlich begrüßt wird (so Bundesjustizministerin Dr. Katarina Barley im Interview vom 04.12.2018 im HPI-Digitalblog).

Die aktuelle Diskussion

In der politischen Diskussion um solche Portale geht es im Wesentlichen um die Frage, ob die Rechtsgrundlagen für diese Angebote neu geregelt werden müssen (dazu die kleine Anfrage der Abgeordneten der FDP zu den „Leal-Tech Rechtsgrundlagen“, BT-Drucks. 19/5438 und Artikel „Rechtsberatung im Internet wird immer beliebter, doch die juristische Lage bleibt unklar“, Handelsblatt Online, vom 06.11.2018). Die Bundesregierung sieht im Ergebnis zu einer Neuregelung keinen Bedarf und verweist darauf, dass der derzeitige gesetzliche Rahmen aus ihrer Sicht ausreichend ist und die Gerichte über die Auslegung der bereits bestehenden Normen entscheiden. Ebenso weist die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme auf die für Verbraucher bestehende gesetzliche Möglichkeit (§ 5 Abs. 1,6 und 7 RDG) hin, unentgeltlich Rechtsrat durch Interessenvereinigungen wie Mietervereine oder durch öffentlich anerkannte Stellen wie die Verbraucherzentralen zu erhalten.

Der Rechtsrahmen

Das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) regelt, wer außergerichtliche Rechtsdienstleistungen erbringen darf. Es besteht ein grundsätzliches Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Die selbständige Erbringung von Rechtsdienstleistungen ist also grundsätzlich verboten, es sei denn, diese wird ausdrücklich erlaubt. Dadurch soll der rechtssuchende Verbraucher aber auch der übrige Rechtsverkehr vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen geschützt werden.

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