Vergibt ein Kreditinstitut einen Kredit in einer Fremdwährung, muss der Verbraucher beim Abschluss des Kredits in die Lage versetzt werden, die sich für ihn hieraus ergebenden wirtschaftlichen Folgen auf der Grundlage genauer und nachvollziehbarer Kriterien einzuschätzen. Dies hat der EuGH in einem aktuellen Urteil entschieden (v. 20.09.217, Rs. C‑186/16). Das Finanzinstitut muss dabei dem Kreditnehmer Informationen zur Verfügung stellen, die ausreichen, um ihn in die Lage zu versetzen, eine umsichtige und besonnene Entscheidung zu treffen. Dazu gehören nicht nur Informationen, die die Möglichkeit einer Auf- oder Abwertung der Kreditwährung umfassen, sondern auch die Auswirkungen von Kursschwankungen und der Erhöhung des Zinssatzes der Kreditwährung auf die Ratenzahlungen dem Verbraucher erklären.
Hintergrund der Entscheidung ist die Kreditvergabe eines rumänischen Finanzinstituts an Personen, die ihr Einkommen damals in Rumänischen Lei (RON) bezogen und Kredite aufgenommen haben, die auf Schweizer Franken (CHF) lauteten, um Immobilien zu erwerben, andere Kredite zu refinanzieren oder persönliche Bedürfnisse zu erfüllen. Nach den zwischen den Parteien geschlossenen Kreditverträgen waren die Kreditnehmer verpflichtet, die Kreditraten in CHF zurückzuzahlen, und übernahmen das Risiko, das mit möglichen Schwankungen des Wechselkurses des RON gegenüber dem CHF verbunden war.
Danach änderte sich der betreffende Wechselkurs erheblich zum Nachteil der Kreditnehmer. Diese wandten sich an rumänische Gerichte und beantragten die Feststellung, dass die Klausel, nach der der Kredit ohne Rücksicht auf den möglichen Verlust, der den Kreditnehmern wegen des Wechselkursrisikos entstehen kann, in CHF zurückzuzahlen ist, eine missbräuchliche Klausel darstellt, die sie, wie es Klausel-RL (93/13/EWG) vorsehe, nicht bindet. Die Kreditnehmer machen u. a. geltend, die Bank habe ihr Produkt bei Vertragsschluss verzerrt dargestellt und ausschließlich die Vorteile, die die Kreditnehmer daraus ziehen konnten, hervorgehoben, ohne auf die potenziellen Risiken und die Wahrscheinlichkeit der Verwirklichung dieser Risiken hinzuweisen. In Anbetracht dieser Vorgehensweise der Bank sei die streitige Klausel als missbräuchlich anzusehen.
Der EuGH stellt zunächst fest, dass die Verpflichtung, einen Kredit in einer bestimmten Währung zurückzuzahlen, einen Hauptbestandteil des Kreditvertrags darstellt, weil sie keine akzessorische Zahlungsmodalität, sondern das Wesen der Pflicht des Schuldners betrifft. Gehört eine solche Klausel aber zum Hauptgegenstand des Vertrags, könne ihre Missbräuchlichkeit nur anhand der Richtlinie geprüft werden, wenn sie nicht klar und verständlich abgefasst ist. Um dies zu erfüllen müsse der Vertrag die konkrete Funktionsweise des Verfahrens, auf das die betreffende Klausel Bezug nehme, in transparenter Weise darstellen. Der nationale Richter habe daher zu prüfen, ob dem Verbraucher sämtliche Tatsachen mitgeteilt wurden, die sich auf den Umfang seiner Verpflichtung auswirken könnten und ihm erlauben, die Gesamtkosten seines Kredits einzuschätzen. Das Finanzinstitut muss dabei dem Kreditnehmer Informationen zur Verfügung stellen, die nicht nur die Möglichkeit einer Auf- oder Abwertung der Kreditwährung umfassen, sondern muss dabei auch auf die Auswirkungen von Kursschwankungen und der Erhöhung des Zinssatzes der Kreditwährung auf die Ratenzahlungen hinweisen. Diese Risikoaufklärung muss insbesondere dann erfolgen, wenn der Verbraucher sein Einkommen nicht in dieser Währung erhält. Das habe das Gericht anhand aller relevanten Tatsachen zu prüfen, wozu auch die Werbung und die vom Kreditgeber im Rahmen der Aushandlung eines Kreditvertrags bereitgestellten Informationen zählen würden.
Weiterführende Informationen
Urteil des EuGH v. 20.09.217, Rs. C‑186/16 > aus der EU-Rechtsprechungsdatenbank curia.europa
Pressemitteilung des EuGH Nr. 103/17 >>
Zur Tätigkeit der Wettbewerbszentrale im Bereich Finanzmarkt >>
cb
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