Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit einem heute im Volltext veröffentlichten Urteil entschieden, dass auch objektiv richtige Kontoauszüge wettbewerbsrechtlich irreführend sein können. Eine solche Irreführung liegt vor, wenn auf seiten des Kunden der Eindruck erweckt wird, er könne über ein Guthaben verfügen, obwohl ihm dies erst aufgrund einer späteren Wertstellung noch nicht zur Verfügung steht und er deshalb bei Geldabhebung für ein paar Tage Sollzinsen bezahlen muss.
Die Kontoauszüge der Sparkasse waren dabei optisch wie folgt gestaltetet: Links die Spalten „Buchungstag“ und „Tag der Wertstellung“. Rechts unten am Ende des Kontoauszugs ein optisch hervorgehobenes Feld „neuer Kontostand“. Der „neue Kontostand“ enthielt allerdings auch solche Gutschriften, die bereits gebucht, aber noch nicht wertgestellt waren. Das führte dazu, dass ein ausgewiesenes Guthaben aufgrund späterer Wertstellung tatsächlich nicht sofort verfügbar war.
Hierzu führt der BGH aus:
„Der in den beanstandeten Kontoauszügen mitgeteilte Kontostand erfasst Gutschriften bereits vor ihrer Wertstellung. Dadurch wird – wenn kein aufklärender Hinweis erfolgt – bei einer Vielzahl von Kunden der Eindruck erweckt, sie könnten über diese Gutschriften ohne Zinsbelastung sofort verfügen. … Auch wenn der Kontoauszug objektiv richtig ist, so können objektiv zutreffende Angaben dennoch irreführend sein, wenn ein beachtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise damit eine unrichtige Vorstellung verbindet.“
Mit einer irreführenden Gestaltung ihrer Kontoauszüge verletzt die Sparkasse eine Vertragspflicht aus den Giroverträgen mit ihren Kunden. Wie der BGH bereits zuvor entschieden hat (Urteil vom 27.06.2002, Az. I ZR 86/00 – Kontostandsauskunft), liegt in einem solchen Verhalten nicht nur eine Vertragsverletzung, sondern auch eine Wettbewerbshandlung. Denn es kann eine Vielzahl von Kunden der Bank durch die Mitteilung des Kontostands irregeführt und dazu veranlasst werden, durch Abhebung schon gutgeschriebener, aber noch nicht wertgestellter Beträge ungewollt ihr Konto zu überziehen und dadurch Kreditleistungen der Bank in Anspruch zu nehmen, die sie bei transparenter Information über das zinsfrei verfügbare Guthaben nicht in Anspruch genommen hätten.
Urteil des Bundesgerichtshofs vom 11.07.2007, Az. I ZR 87/04
Quelle und weiterführende Information:
Urteil des Bundesgerichtshofs vom 11.07.2007, Az I ZR 87/04 – Irreführender Kontoauszug – >>
Urteil des Bundesgerichtshofs vom 27.06.2002, Az. I ZR 86/00 – Kontostandsauskunft – >>
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