Wird eine Ware in den Geschäftsräumen mit einem höheren Preis ausgezeichnet als im Werbeprospekt, so ist dies nicht wettbewerbswidrig, wenn dem Kunden an der Kasse von vornherein nur der beworbene Preis in Rechnung gestellt wird. Zu diesem Ergebnis kommt der Bundesgerichtshof in einer gestern veröffentlichten Entscheidung (Az. I ZR 182/05). Entscheidend ist dabei allerdings, dass das elektronische Kassensystem von vornherein auf den beworbenen Preis eingestellt und eine Berechnung des am Regal zu hoch ausgezeichneten Preises ausgeschlossen ist. In diesem Fall scheidet nach Auffassung des Bundesgerichtshofs eine Irreführung aus.
Auch ein Verstoß gegen die Preisangabenverordnung führt nicht zu einem Wettbewerbsverstoß. Die unrichtige Preisauszeichnung verletze zwar die Preisangabenverordnung, führe aber nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs nach § 3 UWG. Denn die unrichtige, weil zu hohe Preisauszeichnung wirke sich allenfalls zu Lasten, nicht aber zu Gunsten des betreffenden Unternehmens aus.
Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs führt die Reaktion der Verbraucher auf die unterschiedlichen Preisangaben nicht zu einer relevanten Irreführung, weil nicht jede Verunsicherung des Verbrauchers über den geforderten Preis wettbewerbswidrig ist. Die Lebenserfahrung zeige, dass sich manche Verbraucher vom Kauf nicht abhalten lassen, weil sie davon ausgehen, dass die Preisauszeichnung am Regal unzutreffend ist und ihnen an der Kasse lediglich der niedrigere beworbene Preis in Rechnung gestellt wird. Diesem Teil der Verbraucher sei klar, dass gerade in breit sortierten Einzelhandelsmärkten bisweilen die Preisauszeichnung einzelner Waren noch nicht an eine am selben Tag erschienene Werbung angepasst ist. Ein anderer Teil der Verbraucher mag damit rechnen, dass der höhere Preis in Rechnung gestellt werde, sich aber dennoch zum Kauf entschließen; diese Verbraucher würden dann an der Kasse positiv überrascht, wenn sie doch nur den niedrigen Preis entrichten müssten. Derjenige, der den Artikel aufgrund der höheren Preisauszeichnung am Regal nicht ohne weiteres kaufen möchte, werde – bevor er seine Kaufabsicht endgültig aufgebe – zunächst versuchen, durch Kontakt mit dem Verkaufspersonal den Artikel zu dem günstigeren, beworbenen Preis zu erhalten. Dort würde er dann erfahren, dass an der Kasse automatisch der niedriger beworbene Preis berechnet wird.
Es sei daher nicht anzunehmen, dass eine nennenswerte Anzahl mündiger Verbraucher ihren Kaufentschluss für die beworbene Ware wegen der höheren Preisauszeichnung am Regal ohne weiteres aufgeben werde. Der Bundesgerichtshof stellt damit fest, dass nach der Lebenserfahrung nicht davon ausgegangen werden kann, dass ein erheblicher Teil der durch die Preiswerbung angelockten Kunden andere Waren erwerben wird, nachdem sie auf die höhere Preisauszeichnung am Regal aufmerksam geworden sind.
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