Home News BGH zur Zulässigkeit von Kopplungsangeboten und Meinungsaufspaltung innerhalb eines Verkehrskreises

BGH zur Zulässigkeit von Kopplungsangeboten und Meinungsaufspaltung innerhalb eines Verkehrskreises

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 25.11.2021, Az. ZR I 148/20 – Kopplungsangebot III – entschieden, eine Vertragsgestaltung, in welcher der Preis für die Servicevereinbarung mit „0,00 €“ beziehungsweise „1,00 €“ angegeben wird,

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 25.11.2021, Az. ZR I 148/20 – Kopplungsangebot III – entschieden, eine Vertragsgestaltung, in welcher der Preis für die Servicevereinbarung mit „0,00 €“ beziehungsweise „1,00 €“ angegeben wird, die Servicegebühr aber tatsächlich im Preis für die Vermietung der Wasserspender enthalten ist, stelle ein wettbewerbsrechtlich zulässiges Kopplungsangebot dar.

Sachverhalt

Die Beklagte vermietet Wasserspender an gewerbliche Kunden. Für Serviceleistungen werden Gebühren mit „0,00 €“ bzw. „1,00 €“ in den Serviceverträgen angegeben. Die Servicegebühren werden in den Mietpreis einkalkuliert und nicht einzeln ausgewiesen. Die Klägerin, eine Wettbewerberin, sah hierin ein irreführendes und intransparentes Kopplungsangebot, da die Servicepreise nicht nachvollziehbar seien.

Berufung

Das Oberlandesgericht Oldenburg (Urteil vom 03.08.2020, Az. 6 U 252/19) sah zumindest für einen Teil des angesprochenen Verkehrskreises der Gewerbetreibenden in der Gebührendarstellung für die Serviceleistungen eine irreführende und intransparente Preisangabe. Es bewertete einerseits die Sicht der Kleingewerbetreibenden, Einzelhandelsgeschäfte und andererseits von Unternehmen wie juristischen Personen und Behörden unterschiedlich. Das Gericht gelangte zu der Auffassung, die erste Gruppe könne die zu einem Kopplungsangebot führende Quersubventionierung nicht erkennen.

Revision

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, die gewerblichen Kunden der Beklagten seien in der Lage die der beanstandeten Vertragsgestaltung zugrunde liegende Quersubventionierung der Serviceleistungen durch den Mietpreis zu erkennen. Die Beklagte verschleiere bei der von ihr gewählten Gestaltung der Miet- und Serviceverträge nicht den Preis des Gesamtangebots.

Unter Anwendung der Irreführungsgrundsätze aus § 5 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 Nr. 2 UWG und der Auslegungsgrundsätze zur Beurteilung der Verkehrsauffassung gelangt der Bundesgerichtshof zu dem Ergebnis, die Gruppe des angesprochenen Verkehrskreises könne nicht aufgespalten werden. Eine derartige Differenzierung innerhalb eines einzigen angesprochenen Verkehrskreises widerspreche dem Grundsatz, dass es bei der Beurteilung der Irreführungsgefahr auf die Auffassung des durchschnittlich verständigen und vernünftigen Marktteilnehmers ankomme. Er gelangt dann zu dem Ergebnis, Verbraucherinnen und Verbraucher seien heute schon mit Quersubventionierungen vertraut, der Kreis der – einheitlich zu bestimmenden – gewerblichen Kunden der Beklagten erkenne erst recht, dass ihr ein rentables Wirtschaften nur möglich sei, wenn sie vermeintlich kostenlose oder preisgünstige Nebenleistungen – wie hier den Service – durch die Hauptleistung – hier die Gerätemiete – mitfinanziere.

Eine Irreführung durch Unterlassen nach § 5a Abs. 1 UWG wegen fehlender Aufklärung über die Elemente der Preisbemessung sei ebenfalls nicht zu beanstanden. Es sei allgemein anerkannt, dass keine allgemeine Aufklärungspflicht über Tatsachen bestehe, die für die geschäftliche Entscheidung eines Verkehrskreises möglicherweise von Bedeutung seien. Es sei vielmehr Sache der Verbraucher und der sonstigen Marktteilnehmer selbst, Preisvergleiche anzustellen und sich Gedanken über die Preiswürdigkeit des Angebots zu machen. Zumindest anhand des letztlich maßgebenden Gesamtpreises seien Preisvergleiche immer möglich.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat schon in dem Urteil vom 07.09.2016, Rechtssache C 310/15 festgestellt, dass im Rahmen eines Kopplungsangebots, das im Verkauf eines Computers mit vorinstallierter Software bestünde, das Fehlen einer Preisangabe für die einzelnen Programme weder geeignet sei, den Verbraucher daran zu hindern, eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, noch ihn zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Der Preis der einzelnen Programme stelle keine wesentliche Information dar, so dass das Fehlen einer Preisangabe keine irreführende Geschäftspraxis sein könne.

Weiterführende Informationen

Urteil Bundesgerichtshof vom 25.11.2021, Az. I ZR 148/20 >>

Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 07.09.2016, Rechtssache C-310/15 >>

News der Wettbewerbszentrale vom 07.09.2016 // Computer dürfen mit vorinstallierter Software verkauft werden >>

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