Der Bundesgerichtshof hat in einem erst kürzlich vollständig veröffentlichten Urteil die Auffassung vertreten, dass sich die Verbrauchererwartung bei Verwendung eines Doktortitels zur Bezeichnung eines zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentrums auf die medizinische Leitung des Versorgungszentrums durch einen promovierten Zahnarzt bezieht, nicht auf die kaufmännische Leitung des Trägerunternehmens (BGH, Urteil vom 11.02.2021, Az. I ZR 126/19). Es hat die vorinstanzliche Entscheidung zum Teil aufgehoben und an das Berufungsgericht zur Neuverhandlung zurückverwiesen.
Zum Sachverhalt
Die Beklagte ist eine GmbH, deren Geschäfte von einem promovierten Zahnarzt betrieben werden. Sie unterhält mehrere zahnärztliche medizinische Versorgungszentren, unter anderem in R. in Nordrhein-Westfalen unter der Bezeichnung „Dr. Z Medizinisches Versorgungszentrum R.“. Im Standort R. war zumindest für drei Monate kein promovierter Zahnarzt tätig
Dagegen war der zahnärztliche Bezirksverband vorgegangen. Seiner Klage wurde vom Landgericht stattgegeben, auf die Berufung der Beklagten hin die Klage aber abgewiesen. Das OLG Düsseldorf als Berufungsinstanz begründete dies mit der fehlenden Irreführung. Es vertrat zum einen die Auffassung, dass die Tätigkeit als Zahnarzt eine umfassende, abgeschlossene Hochschulausbildung voraussetze. Daher führe auch ein fehlender Doktortitel zu keiner Enttäuschung des durch die Titelführung begründeten besonderen Vertrauens. Zum anderen werde der Doktortitel mit der offensichtlich als künstliche Wortschöpfung erkennbaren Firmenbezeichnung „Dr. Z“ verwendet.
Doktortitel geht über Hochschulabschluss hinaus
Das sah der BGH anders: Das Berufungsgericht habe bei seiner Prüfung mit Blick auf die Bedeutung des Doktortitels für die angesprochenen Verkehrskreise einen fehlerhaften Maßstab angelegt. Nach Überzeugung der BGH-Richter ist der Doktortitel mehr als eine Hochschulausbildung; er belege aus Sicht der breiten Öffentlichkeit in besonderem Maße die Fähigkeit des Inhabers zu eigenständigem wissenschaftlichem Arbeiten. Frühere BGH-Entscheidungen, auf die das OLG Bezug genommen hatte, seien auf den Fall nicht übertragbar, denn dort sei es um eine Firmenfortführung nach einer Änderung im Gesellschafterbestand gegangen. Die Bezeichnung „Dr. Z“ ist in den Augen der BGH-Richter zudem mehr als eine Fantasiebezeichnung, sondern könne auch als Kürzel für einen promovierten Unternehmensinhaber aufgefasst werden.
Allerdings weist der BGH auch darauf hin, dass die Irreführung durch aufklärende Zusätze ausgeräumt werden könne. Um dem Kläger Gelegenheit zu geben, seine Anträge entsprechend anzupassen, verwies der BGH die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück.
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