Kfz-Händler, die für den Kauf neuer Pkw werben, müssen in der Werbung den offiziellen Kraftstoffverbrauch und die offiziellen spezifischen CO2-Emissionen der betreffenden Fahrzeugmodelle angeben. Diese gesetzliche Informationspflicht ergibt sich aus der Verordnung über Verbraucherinformationen zu Kraftstoffverbrauch, CO2-Emissionen und Stromverbrauch neuer Personenkraftwagen (Pkw-EnVKV).
„Neu“ i. S. v. § 2 Nr. 1 Pkw-EnVKV ist ein Pkw, der „noch nicht zu einem anderen Zweck als dem des Weiterverkaufs oder der Auslieferung verkauft wurde“. Maßgebend ist die Motivlage des Kfz-Händlers zum Zeitpunkt des Erwerbs des betreffenden Fahrzeuges.
Mit der Frage, wann ein Fahrzeug im Sinne dieser Vorschrift der Pkw-EnVKV als „neu“ anzusehen ist, hat sich auch die Wettbewerbszentrale im Rahmen ihrer Sachbearbeitung immer wieder zu befassen. Der Bundesgerichtshof hat hierzu zwei Kriterien entwickelt, anhand derer zu bemessen ist, ob ein Pkw „neu“ i. S. der Pkw-EnVKV ist: die Dauer der Zulassung und die Kilometerleistung.
Kilometerleistung zum Zeitpunkt der Werbung
Mit Urteil vom 21.12.2011, Az. I ZR 190/10, Neue Personenkraftwagen, hatte der BGH bereits entschieden, dass es für die Ermittlung der Motivlage des Kfz-Händlers nicht auf seine subjektive Vorstellung ankommen könne. Es müsse auf objektivierbare Umstände abgestellt werden, aus denen sich ergibt, dass das betreffende Fahrzeug von ihm alsbald veräußert werden soll. Dazu eigne sich z. B. die Kilometerleistung zum Zeitpunkt der Werbung. Bei einer Kilometerleistung bis 1.000 km könne davon ausgegangen werden, dass der Kfz-Händler das Fahrzeug zum Zweck des Weiterverkaufs gekauft habe.
Dauer der Zulassung des Fahrzeuges zum Zeitpunkt der Werbung
In dem jetzt veröffentlichten Urteil vom 05.03.2015, Az. I ZR 164/13, Neue Personenkraftwagen II, knüpft der BGH daran an und führt aus, dass – neben der in erster Linie maßgeblichen Kilometerleistung – auch die Dauer der Zulassung des Fahrzeuges zum Zeitpunkt der Werbung als Rückschluss auf die Motivlage des Händlers geeignet sei. Im Ergebnis soll ein Fahrzeug, das seit 10 Monaten ununterbrochen zugelassen ist, trotz einer Kilometerleistung von nur 200 km nicht mehr „neu“ i. S. v. § 2 Nr. 1 Pkw-EnVKV sein.
Außerdem macht der BGH die Notwendigkeit der Angaben zum Kraftstoffverbrauch und den CO2-Emissionen nicht davon abhängig, wie das betreffende Fahrzeug beworben wird. Im Streitfall hatte ein Kfz-Händler in einem Zeitungsinserat einen SEAT Ibiza mit dem Hinweis „Ibiza ST 1.4i, 04/11, 63 kW, 200 km“ beworben, ohne Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen anzugeben. Das Berufungsgericht hatte ihn verurteilt und dabei offen gelassen, ob das Fahrzeug tatsächlich nur 200 km oder aber – wie von dem Kfz-Händler vorgetragen – 2.200 km gelaufen war. Maßgebend sei die in der Werbung genannte Kilometerleistung des Fahrzeuges. Ebenfalls strittig war, ob die Zulassung des Fahrzeuges („04/11“) dauerhaft bestanden hatte oder es vor 10 Monaten für einen oder ein paar Tage zugelassen und dann wieder abgemeldet worden war (Tageszulassung).
Der BGH verwies die Sache zur Aufklärung an das Berufungsgericht mit der Maßgabe zurück, dass die Klage unabhängig von einer Kilometerleistung von 200 km oder 2.200 km keinen Erfolg haben könne, wenn das Fahrzeug zum Zeitpunkt der Werbung seit 10 Monaten dauerhaft zugelassen gewesen sei, da ein solcher Zeitraum gegen eine nur kurzfristige Zwischennutzung im Betrieb des Kfz-Händlers spreche. Dies bedeutet, dass bloße Tippfehler in einem Zeitungsinserat einen Verstoß gegen die Pkw-EnVKV nicht begründen.
Weiterführende Informationen
News der Wettbewerbszentrale vom 28.12.2011 „Pkw-EnVKV auch für Vorführwagen“ >>
Jahresbericht 2014 der Wettbewerbszentrale >>
sp
Weitere aktuelle Nachrichten
-
BGH: Händedesinfektionsmittel darf nicht mit „hautfreundlich“ beworben werden
-
BGH verhandelt über Klage der Wettbewerbszentrale zur Plattformhaftung von Amazon
-
EuGH: Mitbewerber sind klagebefugt nach DS-GVO
-
Wettbewerbszentrale beanstandet unerlaubte Bewertungsaufforderungen
-
OLG Nürnberg: Referenzpreis muss unschwer zu ermitteln sein