Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, welche Informationen eine wirksame Widerrufsbelehrung bei Fernabsatzverträgen enthalten muss. In einer aktuellen Entscheidung stellt er zu Widerrufsbelehrungen im Fernabsatz klar, dass eine Widerrufsbelehrung keine Telefon- oder Faxnummer enthalten müsse, um die 14-tägige Widerrufsfrist in Gang zu setzten, wenn alle anderen Pflichtangaben erfüllt seien (Urteil vom 22.07.2025, Az. VIII ZR 5/25, kein Verfahren der Wettbewerbszentrale).
Andere Kommunikationswege genügen
Die Widerrufsfrist beginne ab Erhalt der Ware auch dann zu laufen, wenn in der Belehrung lediglich die Postanschrift und eine E-Mail-Adresse angegeben sind. Telefon- oder Faxnummern seien keine Pflichtangaben, auch wenn sie im Impressum oder auf der Website des Unternehmens stehen. Selbst wenn eine dort genannte Faxnummer nicht funktioniere, sei die Widerrufsbelehrung wirksam. Entscheidend sei nur, dass Verbraucher auf anderem Wege, etwa per E-Mail oder Brief, ihr Widerrufsrecht problemlos ausüben können.
Bereits im Februar 2025 hatte der BGH entschieden, dass eine fehlende Telefonnummer in einer individuellen Widerrufsbelehrung den Beginn der Widerrufsfrist nicht verhindere (Beschluss vom 25.02.2025, Az. VIII ZR 143/24, ebenfalls kein Verfahren der Wettbewerbszentrale). Die aktuelle Entscheidung knüpft daran an und weitet diese Rechtsprechung ausdrücklich auf die Telefaxnummer aus. Verbraucher können sich daher nicht auf eine verlängerte Widerrufsfrist berufen, wenn Telefonnummer oder Faxnummer in der Widerrufsbelehrung fehlen oder fehlerhaft sind.
Musterbelehrung nur als Beispiel
In dem vom BGH entschiedenen Fall hatte ein Verbraucher zwei Neuwagen im Fernabsatz gekauft und wollte mehr als elf Monate nach Erhalt der Fahrzeuge den Kaufvertrag widerrufen. Das Gericht beließ es trotz fehlender Telefon- und Faxnummer bei der längst abgelaufenen 14-tägigen Widerrufsfrist. Der BGH kommt zu dem Ergebnis, dass weder dem Wortlaut des deutschen Rechts noch dem europäischen Recht (Art. 6 Abs. 1 lit. h Verbraucherrechterichtlinie) zu entnehmen sei, dass Telefon- oder Telefaxnummer neben anderen Kommunikationswege zwingend wären.
Die Musterwiderrufsbelehrung in der Anlage 1 zum EGBGB sei ebenfalls nur als Beispiel, nicht als zwingender Mindeststandard zu verstehen. Darüber hinaus verlängere auch eine fehlende Angabe zu den Kosten einer Rücksendung nicht die Widerrufsfrist.
Wichtiges Signal für weitere Streitfrage: Abstrakte Belehrung
Soweit das OLG Stuttgart zuletzt bereits die bloß abstrakte Formulierung „Wenn Sie ein Verbraucher sind…“ für problematisch gehalten hatte (Urteil vom 11.03.2025, Az. 6 U 12/24, kein Verfahren der Wettbewerbszentrale), signalisiert der BGH bereits: Auch abstrakte Formulierungen könnten hinreichend deutlich informieren.
Weiterführende Informationen
Pressemitteilung Nr. 145/2025 des Bundesgerichtshofs von 29.07.2025 >>
cb/kok
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