Das Landgericht Bonn hatte mit Urteil vom 30.09.2011, Az. 16 O 104/10 entschieden, dass die Angaben
„Bis 31.12.2009 ö.b.u.v. Sachverständiger für Schäden an Gebäuden bei der IHK …“
sowie
„Öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger der IHK … für Schäden an Gebäuden“
gegen die §§ 3, 5 Abs. 1 Nr. 3 UWG sowie die einschlägigen Regelungen der Sachverständigenordnung der Bestellungskörperschaft i.V.m. § 4 Nr. 11 UWG verstoßen, weil diese Werbeaussagen irreführend seien und mit dem Erlöschen der Bestellung hierfür nicht mehr geworben werden dürfe.
Gegen die erste Werbeaussage hat der Beklagte Berufung eingelegt. Das Oberlandesgericht Köln hat mit Urteil vom 01.06.2012, Az. 6 U 218/11 nunmehr entschieden, dass diese Angabe auf dem Briefbogen nicht zur Irreführung über die fachliche Qualifikation des Beklagten geeignet sei. Zwar könne auch eine objektiv richtige Angabe irreführend sein, wenn ein beachtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise damit eine unrichtige Vorstellung verbinde. Aus Sicht des Senats sei dies vorliegend aber nicht der Fall, weil die Angabe nicht als Negativmeldung über den Wegfall der Bestellung seit dem Jahr 2010, sondern als positiver Hinweis auf die vormalige Tätigkeit des Beklagten als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger formuliert sei.
Das Gericht hat bei seiner Entscheidung vor allem aber berücksichtigt, dass sich der Sachverständige „auf Grund seiner bei Versendung des Schreibens vom 11.08.2010 erst etwa siebeneinhalb Monate zurückliegende Tätigkeit als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger bei der IHK …. durch eine besondere Fachkompetenz auszeichnete.“ Schließlich spielte eine Rolle, dass der Sachverständige fast zwei Jahrzehnte öffentlich bestellt war und über 250 Gutachten für Behörden und Gerichte – zusätzlich zu seiner privatgutachterlichen Tätigkeit – erstellt hatte.
Gerade diese Umstände des Einzelfalls lassen es angebracht erscheinen darauf hinzuweisen, dass das Urteil des OLG Köln kein Freibrief für jene Sachverständigen ist, die seit langem nicht mehr öffentlich bestellt sind, erneut auf ihre Bestellung in der Werbung hinzuweisen. Hinzu kommt, dass es vorliegend nur um Angaben auf einem Briefbogen ging, mithin die Entscheidung keine Allgemeingültigkeit für andere Werbemedien wie Telefon-/Branchenbucheinträge, Flyer, Mailings, Internetauftritt usw. entfaltet.
Weitere Informationen zur Werbung nach Erlöschen der öffentlichen Bestellung:
News der Wettbewerbszentrale: Werbung mit einer nicht mehr existenten Bestellung >>
ao
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