Das Oberlandesgericht München (OLG) hält die Bestellung von rezeptpflichtigen Arzneimitteln, die in einer deutschen Apotheke bestellt und über eine niederländische Apotheke geliefert werden, für unzulässig und hat dementsprechend einen Apotheker in Bayern zur Unterlassung verurteilt (OLG München, Urteil vom 26.06.2014, Az. 29 U 800/13).
Der beklagte Apotheker nahm an dem Modell Vorteil24 teil, bei dem Arzneimittel nicht aus dem Sortiment der deutschen Apotheke abgegeben, sondern über eine niederländische Apotheke bestellt, von dort der teilnehmenden deutschen Apotheke übersandt und dann dem Kunden am nächsten Tag übergeben wurden. Der Kunde erhielt dafür Preisnachlässe auf die Zuzahlung oder einen Warengutschein. Der Vorteil für den teilnehmenden Apotheker bestand in einer umsatzabhängigen Provision für die Vermittlung von Bestellungen an die niederländische Apotheke.
Erst vor kurzem hat der Bundesgerichtshof (BGH) die von der Wettbewerbszentrale geäußerte Auffassung, dass es sich bei dieser Konstruktion um eine unzulässige Umgehung des deutschen Arzneimittelpreisrechts handelt, bestätigt (Urteil vom 26.02.2014, Az. I ZR 77/09). Im Anschluss an die Rechtsprechung des BGH ist auch das OLG München in dem von der Wettbewerbszentrale betriebenen Verfahren zu dem Schluss gekommen, dass die Preisbindungsvorschriften auch dann gelten, wenn – wie im Streitfall – die niederländische Apotheke die Verbraucher nicht direkt, sondern unter Einschaltung einer deutschen Apotheke beliefert.
Bemerkenswert an der Entscheidung ist allerdings, dass das OLG darüber hinaus die Auffassung vertritt, das vertragliche Konstrukt verstoße gegen § 4 Nr. 1 UWG, weil es die Entscheidungsfreiheit der beteiligten Apotheker unangemessen unsachlich beeinflusse. Das Gericht begründet dies mit der besonderen Pflicht des Apothekers, (auch) die Interessen seiner Kunden zu wahren. Finanzielle Anreize wie Provisionen seien geeignet, diese Interessenwahrungspflicht zu verletzen. Das Gericht wies darauf hin, dass es für den deutschen Apotheker wirtschaftlich günstiger sei, den Kunden auf die niederländische Apotheke zu verweisen als das benötigte Arzneimittel aus dem eigenen Sortiment abzugeben. Das begründet nach Auffassung des Gerichts die Gefahr, dass der Apotheker im Einzelfall die gesundheitlichen Interessen seines Kunden vernachlässigt und im Hinblick auf den finanziellen Vorteil auf das Abholmodell verweist. Vor dem Hintergrund, dass das beanstandete Modell aus Sicht des OLG München bereits gegen § 4 Nr. 1 UWG verstößt, hat es die apothekenrechtlichen Bestimmungen nicht mehr geprüft.
Auch wenn das Modell Vorteil24 mittlerweile eingestellt wurde, so sind die vom OLG München entwickelten Grundsätze auch für ähnliche, bereits bestehende oder geplante, Kooperationsmodell interessant. Die Entscheidung macht deutlich, dass gerade im Gesundheitsbereich, in dem immer auch die Interessen von Kunden und/oder Patienten wahrgenommen werden müssen, der Einflussnahme Dritter auf die Unabhängigkeit der Apotheker Schranken gesetzt sind.
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