Bei der Auswahl von Ärzten verlassen sich Patienten neben Empfehlungen von Verwandten und Freunden auf die – oft nur vermeintlich – objektiven Bewertungen in Ärzteverzeichnissen. Das OLG Karlsruhe hat in einem aktuellen Urteil ein solches Ärzteverzeichnis, das sich ausweislich der Eigendarstellung an Patienten aus dem In- und Ausland wandte, in verschiedener Hinsicht als wettbewerbswidrig beanstandet, weil es die bei den Lesern erweckten Erwartungen nicht erfüllte:
Die in dem Verzeichnis dargestellten Mediziner wurden als „Spitzenmediziner“, „Top-Experten“ oder „Top-Fachärzte“ bezeichnet. Insgesamt wurde der Eindruck erweckt, durch aufwendige Recherchen könne man ein Verzeichnis von Ärzten präsentieren, die mit Abstand führend in ihrem Fachgebiet seien. Dass ein solch deutlicher und nachhaltiger Vorsprung in der Qualifikation der jeweiligen Mediziner gegenüber dem Durchschnitt der auf dem jeweiligen Fachgebiet tätigen Kollegen bestand, konnte der Beklagte allerdings im Prozess nicht darlegen. Manche Kriterien hielt das Gericht bereits für untauglich zur Einstufung als „Spitzenmediziner“ (etwa akademische Titel oder die Zugehörigkeit zu wissenschaftlichen Gesellschaften). Insgesamt fehlte es den Richtern an einer überzeugenden Darstellung der Ermittlung und Gewichtung der einzelnen Kriterien, die zur Einstufung als „Top-Experten“ und ähnlichem führten. Hinzu kam, dass die Ärzte und Einrichtungen, die von dem Beklagten als Spitzenmediziner dargestellt wurden, für den Eintrag erhebliche Beträge zahlen mussten. Es handelt sich bei dem Verzeichnis daher nach Auffassung des OLG Karlsruhe nicht um redaktionelle Berichterstattung, wie die Beklagte suggerieren wolle, sondern um eine von den präsentierten Ärzten durch hohe Entgelte mit finanzierte Werbeplattform. Dies sei für den Verbraucher aber nicht ersichtlich. Das OLG Karlsruhe hat die Revision nicht zugelassen (OLG Karlsruhe, Urteil vom 07.05.2012, 6 U 18/11).
F 4 0010/10
kö
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