Das Oberlandesgericht Frankfurt hat in einem Verfahren der Wettbewerbszentrale die Berufung einer Krankenkasse gegen ein Urteil des Landgerichts Frankfurt zurückgewiesen. Dieses hatte der Krankenkasse untersagt, den Zusatzbeitrag im Sinne des § 242 SGB V als „Variobeitrag“ zu bewerben.
Der gesetzlich festgeschriebene allgemeine Beitragssatz beträgt 14,6 % der beitragspflichtigen Einnahmen. Bei Erwerbstätigen tragen die Versicherten und die Arbeitgeber die Beiträge aus dem Arbeitsentgelt jeweils zur Hälfte. Zusätzlich zu dem allgemeinen Beitragssatz können Krankenkassen von ihren Mitgliedern einen Zusatzbeitrag erheben. Die Zusatzbeiträge fallen von Krankenkasse zu Krankenkasse unterschiedlich aus. Wenn eine Krankenkasse erstmals einen Zusatzbeitrag erhebt oder ihren Zusatzbeitrag erhöht, haben die Mitglieder das Recht, die Krankenkasse zu wechseln.
Die Wettbewerbszentrale hatte die Krankenkasse zur Unterlassung aufgefordert, weil diese im Rahmen ihres Internetauftrittes unter dem Stichwort „Beitragssatz“ auf den allgemeinen Beitragssatz hinwies, darüber hinaus aber erklärte, dass sie zu diesem Beitragssatz einen „Variobeitrag“ in Höhe von 1,4 % des Einkommens des Versicherten erhebe. Dieser „Variobeitrag“ sei von den Mitgliedern allein zu zahlen.
Die Wettbewerbszentrale hielt die Bezeichnung „Variobeitrag“ für irreführend, weil sie den wahren Charakter als „Zusatzbeitrag“ verschleiere. Diese Auffassung teilte das Landgericht.
Die Berufung der Krankenkasse gegen dieses Urteil hat das Oberlandesgericht nunmehr zurückgewiesen. Es ist allerdings nicht – wie das Landgericht – der Auffassung, dass mit dem Variobeitrag der Zusatzbeitrag verschleiert werde. Eine Irreführung ergebe sich jedoch daraus, dass die Bezeichnung dem Kunden suggeriere, der Beitrag könne eine Vergütung für Extraleistungen sein, die die Antragsgegnerin zusätzlich zu den gesetzlichen Leistungen erbringe und die insofern „variabel“ seien. Das Gericht leitet dies aus dem Gesamttext her, in dem der Begriff „Variobeitrag“ verwendet wurde. Denn dort hatte die Krankenkasse gleich im ersten Abschnitt darauf hingewiesen, dass sie neben den gesetzlichen Leistungen eine große Zahl an „Extras“ erbringe.
Die Verwendung schillernder Begriffe für den Zusatzbeitrag führt nicht nur den Verbraucher in die Irre, sondern verzerrt auch den Wettbewerb unter den Krankenkassen. Denn diese weisen ganz überwiegend transparent auf die erhobenen Zusatzbeiträge hin.
F 4 0059/16
OLG Frankfurt, Urteil vom 08.12.2016, Az. 6 U 124/16
LG Frankfurt, Urteil vom 07.06.2016, Az. 3-06 O 19/16
ck
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