Das OLG Koblenz hat in einem Rechtsstreit über die Werbung mit Umweltargumenten einem Unternehmen untersagt, die von ihm angebotenen Grablichter u. a. mit den umweltbezogenen Werbeaussagen „CO2-neutral“, „umweltschonend“ sowie „kein Palmöl“ zu bewerben. Das zwischenzeitlich rechtskräftige Urteil vom 10.08.2011, Az. 9 U 163/11, bestätigt das Urteil der ersten Instanz, welche die Wettbewerbszentrale im vergangenen Jahr angerufen hatte (LG Koblenz, Urteil vom 11.01.2011, Az. 4 HK O 22/10).
Das Unternehmen hatte Kompositionsöl- und Grablichter, welche aus recycelten Fetten aus der Gastronomie oder Lebensmittelherstellung hergestellt wurden, auf dem Etikett u. a. mit den genannten Umweltargumenten beworben. Diese hatte die Wettbewerbszentrale als irreführend beanstandet, was die Richter beider Instanzen bestätigten:
Zentraler Punkt des Rechtsstreits war die Werbung mit der Eigenschaft „CO2-neutral“, einer Aussage, die in der Produktwerbung eine zunehmende Rolle spielt. Nach Auffassung des Gerichts erwartet der Verbraucher von einem Produkt, welches als „CO2-neutral“ beworben wird, zumindest eine ausgeglichene CO2-Bilanz in der Form, dass das ausgestoßene CO2 an anderer Stelle wieder eingespart oder durch Klimaprojekte ausgeglichen wird. In die Bilanzierung seien Produktion und Herstellungsvorgang einzubeziehen. Eine solche Kompensation konnte die Beklagte nicht belegen. Allein die Begründung, sie hätte ca. 100 Bäume und Sträucher gepflanzt, reichte dem Gericht nicht.
Die Aussage „kein Palmöl“ war deshalb falsch und irreführend, weil die Fette unstreitig Palmöl enthalten, ein häufig in der Gastronomie verwendetes Produkt. Nach Auffassung des Gerichts erwarte der Verbraucher bei einem „heimischen Rohstoff“ einen unmittelbar aus der Natur entnommenen Grundstoff. Die Vorstellung eines aus Übersee stammenden Vorprodukts, welches in Deutschland lediglich verarbeitet und recycelt wird, liege bei dieser Werbung fern, sodass auch diese Aussage irreführend war.
Auch die Werbung mit einem TÜV-Siegel „geprüfte Umweltverträglichkeit“ war irreführend, weil die geprüften Merkmale nicht offen gelegt wurden und sich das Siegel auf Werbeaussagen bezog, die der TÜV gar nicht geprüft hatte. Letztlich kritisierte das Gericht auch die Aussage „umweltschonende Produkte, die das Klima und den Regenwald schützen“ als „angesichts des Informationsbedürfnisses der angesprochenen Verbraucher zu wenig konkret“ und führte ausdrücklich weiter aus: “Wenn die Beklagte mit dieser, die Emotionen der Verbraucher ansprechenden Wendung Werbung betreiben will, ist sie verpflichtet, den Verbraucher über die tatsächlichen Grundlagen aufzuklären“.
Anmerkung
Umweltbezogene Werbeaussagen besitzen eine hohe Attraktivität für die Werbewirtschaft, da sie geeignet sind, Verbraucher in besonderem Maße emotional anzusprechen. Die Herausstellung einer CO2-Neutralität oder Klimaneutralität gewinnt dabei zunehmend an Stellenwert. Das Urteil fordert in diesem Bereich allerdings sehr hohe Transparenz in der Werbung. Unternehmen sollten dies bei der Gestaltung ihrer künftigen Werbung berücksichtigen.
es
Weitere aktuelle Nachrichten
-
BGH schafft Klarheit: Verkauf von Dekoartikeln durch Gartencenter an Sonntagen ist zulässig
-
Wettbewerbszentrale beanstandet Bewerbung einer Teichfolie als „UV-beständig“
-
Rückblick: Wettbewerbszentrale mit Vortrag beim BUJ Summit ESG vertreten
-
Wettbewerbszentrale beanstandet Werbung eines Möbelhauses für einen „Schautag“ am Sonntag ohne Hinweis auf ausbleibende Verkaufsaktivität als wettbewerbswidrig
-
Wettbewerbszentrale beanstandet Werbung für dynamischen Stromtarif