In seinen Schlussanträgen hat der Generalanwalt beim EuGH ausgeführt, dass das Ursprungsland von pflanzlichen Erzeugnissen das Land ihrer Ernte sei und die korrekte Angabe über das Land der Ernte nicht geeignet sei, den Durchschnittsverbraucher in die Irre zu führen (EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts v. 04.04.2019, Rs. C-686/17).
Zum Sachverhalt
In dem von der Wettbewerbszentrale geführten Verfahren geht es um die Frage, ob die Kennzeichnung einer Verpackung mit frischen Kulturchampignons mit der Angabe „Ursprung: Deutschland“ zulässig ist, wenn die Pilze in den Niederlanden aufgezogen und nur für die Ernte nach Deutschland verbracht werden. Die Wettbewerbszentrale hält dies für irreführend, weil die angesprochenen Verkehrskreise aufgrund der Kennzeichnung davon ausgehen würden, dass die Champignons auch tatsächlich in Deutschland produziert und gewachsen seien und nicht nur für die Ernte von den Niederlanden nach Deutschland gefahren würden. Das OLG Stuttgart hatte entschieden (Urteil v. 10.03.2016, Az. 2 U 63/15), dass die Angabe „Ursprung: Deutschland“ auch dann zulässig sei, wenn die Champignons lediglich für die Ernte nach Deutschland gefahren worden seien und die Aufzucht in den Niederlanden stattgefunden habe. Für eine zusätzliche Kennzeichnung mit Hinweisen auf die Aufzucht in den Niederlanden bestehe nach Auffassung des Gerichts keine gesetzliche Grundlage, obwohl das Gericht selber eine Irreführung der Verbraucher angenommen hatte. Der BGH hat das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH verschiedene Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt, zu denen der Generalanwalt nun Stellung nahm.
Die Ausführungen des Generalanwalts
Hinsichtlich des Verhältnisses zwischen der für das Inverkehrbringen von Obst und Gemüse nach der Agrarregelung vorgeschriebenen Ursprungsangabe und den in den Zollkodizes vorgesehenen Begriffsbestimmungen betreffend den nichtpräferenziellen Ursprung von Waren seien Art. 113a Abs. 1 AgrarmarktsorganisationsVO (1234/2007/EG) und Art. 76 Abs. 1 Marktorganisations-VO (1308/2013/EU) dahin auszulegen, dass für die Bestimmung des Begriffs „Ursprungsland“ i. S. d. Vorschriften auf die in den Art. 23 bis 26 des Zollkodex der Gemeinschaften und Art. 60 des Zollkodex der Union i. V. m. den Art. 31 bis 36 der Delegierten Verordnung 2015/2446 aufgeführten Begriffsbestimmungen betreffend den nichtpräferenziellen Ursprung von Waren abzustellen sei.
Hinsichtlich der Frage, wann die Verbraucher durch die Kennzeichnung in die Irre geführt würden, enthalte Art. 7 Abs. 1 lit. A Lebensmittelinformations-VO (1169/2011/EU) keine Definition. Nach Ansicht des Generalanwalts sei der Begriff der Irreführung nach dieser Norm so zu verstehen, dass nur dann keine Irreführung vorliege, wenn der Durchschnittsverbraucher alle wesentlichen Informationen erhalte, die der Durchschnittsverbraucher unter Berücksichtigung der Gegebenheiten benötige, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen. Der Gesetzgeber habe die Definition des Ursprungslands eines Lebensmittels i. S. d. Lebensmittelinformations-VO durch einen Verweis auf die Zollkodizes in Art. 2 Abs. 3 dieser Verordnung klar und präzise festgelegt. Danach sei das Ursprungsland von pflanzlichen Erzeugnissen das Land ihrer Ernte. Weiterhin sei davon auszugehen, dass solche Informationen nicht als wesentlich für den Durchschnittsverbraucher anzusehen seien. Daraus folge, dass die Informationen über das Ursprungsland nicht geeignet seien, den Verbraucher in die Irre zu führen.
Weiterführende Informationen
Schlussanträge des Generalanwalts v. 04.04.2019 im Volltext>>
Entscheidung der Vorinstanzen im Angebot der Wettbewerbszentrale (Login erforderlich)
BGH, Beschluss v. 21.09.2017, Az. I ZR 74/16 – Kulturchampignons >>
fw
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