Diese Meldungen sind wohl jedem Autofahrer aus dem Radio bekannt. Eine Ladung kann sich aus den verschiedensten Gründen von der Ladefläche lösen und auf die Fahrbahn fallen – mit entsprechenden Folgen für den nachfolgenden Verkehr. Ein Grund könnte sein, dass die zur Ladungssicherung verwendeten Zurrgurte qualitativ minderwertig sind und deswegen eine Ladung in Extremfällen nicht halten können.
Ein solcher Fall war Gegenstand eines Gerichtsverfahrens vor dem LG Münster, das die Wettbewerbszentrale führte.
Die Beklagte vertreibt Zurrgurte zur Ladungssicherung, darunter einen Zurrgurt mit Langhebel-Ergoratsche, sowie einen Zurrgurt mit Standart-Ratsche. Merkmal solcher Zurrgurte ist deren Vorspannfähigkeit (englisch: Standard Tension Force = STF), die mit der Einheit daN (= Dekanewton) gemessen wird. Auf dem Zurrgurt mit Langhebel-Ergoratsche gab die Beklagte die Vorspannfähigkeit mit STF 500 daN, auf dem Zurrgurt mit Standart-Ratsche die Vorspannfähigkeit mit STF 400 daN an. Die jeweiligen Etiketten benennen die EN Norm 12195-2 (Ladungssicherungseinrichtungen auf Straßenfahrzeugen – Sicherheit: Zurrgurt aus Chemiefaser).
Die Zurrgurte waren vom Materialprüfungsamt Nordrhein-Westfalen (MPA) geprüft worden. Dabei wurden mehrere Stückgurte angeliefert, von denen jeweils 2 – nach Anonymisierung des Herstellers – vom MPA zufällig ausgewählt und u.a. auf die Vorspannfähigkeit nach EN 12195-2: 2000 überprüft wurden.
Der Zurrgurt mit Langhebelergoratsche ergab in der Prüfung einen Mittelwert der Vorspannfähigkeit von 336 daN, der Zurrgurt mit Standart-Ratsche einen Mittelwert von 279 daN.
Die Beklagte hatte sich u.a. darauf berufen, ihre Zurrgurte erfüllten die angegebenen technischen Werte. Dies sei durch einen Prüfbericht des TÜV Rheinland nachgewiesen.
Diesen Einwand hat das Gericht für unerheblich gehalten. Zum einen sei nicht sicher erkennbar, ob der TÜV Rheinland dasselbe Zurrgurtsystem geprüft hat und dementsprechend der ermittelte Mittelwert mit demjenigen des MPA vergleichbar ist. Zum anderen liege es in der Natur der Sache, dass bei der Herstellung von Produkten in größerer Stückzahl einzelne Exemplare fehlerhaft sein können, andere ggf. nicht. Für die Entscheidung des Verfahrens komme es nicht darauf an, ob ggf. andere Zurrgurte als die vom MPA getesteten den zutreffenden Wert der Vorspannfähigkeit aufweisen. Die festgestellten Werte der Vorspannfähigkeit bei dem vom MPA getesteten Gurten belegten den Wettbewerbsverstoß nach §§ 3, 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG.
Dementsprechend hat das LG Münster (Urteil vom 29.08.12, AZ: 026 O 20/12) die Beklagte zur Unterlassung verurteilt, Zurrgurte mit einem angegebenen Wert der Vorspannfähigkeit von 400 oder 500 daN zu bewerben, wenn der jeweilige Wert der Vorspannfähigkeit tatsächlich nicht erreicht wird.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Az. S 1 0949/11
fp
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