Das Gemeinschaftsrecht über nachgeahmte Produkte ist auf Waren, die sich nur im Transit durch einen Mitgliedstaat befinden anwendbar.
Die Rolex SA beantragte im Jahr 2000 beim Landesgericht Eisenstadt (Österreich) die Einleitung von Vorerhebungen gegen Unbekannt, nachdem die österreichischen Zollbehörden 19 nachgeahmte Uhren entdeckt hatten. Diese Ware soll aus Italien stammen und für Polen endgültig bestimmt gewesen sein.
Die Firmen Tommy Hilfinger, Gucci und Gap beantragten im Juli 2001 entsprechende Vorerhebungen hinsichtlich nachgeahmter Kleidungsartikel, die mit ihren jeweiligen Marken gekennzeichnet gewesen seien.
Nach Ansicht des Landesgerichts setzt die Einleitung von Vorerhebungen voraus, dass das angelastete Verhalten eine Straftat darstellt. Das österreichische Markenschutzgesetz lasse sich dahin auslegen, dass die Ein- und Ausfuhr einer nachgeahmten Ware eine unzulässige Markenbenutzung darstelle, was beim bloßen Transit einer solchen Ware durch das nationale Hoheitsgebiet nicht der Fall sei.
Das Gericht hat daher dem Gerichtshof die Frage vorgelegt, ob eine solche Auslegung des österreichischen Gesetzes mit der Verordnung über nachgeahmte Waren und unerlaubt hergestellte Vervielfältigungsstücke oder Nachbildungen vereinbar sei.
Der Gerichtshof weist zunächst darauf hin, dass der Anwendungsbereich der Verordnung nicht von der Art des nationalen Verfahrens (zivil-, straf- oder verwaltungsrechtlich) abhängt, in dem diese Auslegung geltend gemacht wird.
Sodann erinnert er daran, dass das nationale Gericht das innerstaatliche Recht gemeinschaftsrechtskonform auszulegen hat.
Sollte eine solche Auslegung nicht möglich sein, weil das österreichische Gericht der Auffassung ist, dass das Markenschutzgesetz entgegen der Verordnung den bloßen Transit nachgeahmter Waren durch das österreichische Hoheitsgebiet nicht untersage, steht die Verordnung der Anwendung dieses Gesetzes entgegen. Trotz dieser Verpflichtung verbietet es jedoch der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Strafen, ein solches Verhalten strafrechtlich zu ahnden, und zwar auch dann, wenn die nationale Regelung gemeinschaftsrechtswidrig sein sollte.
Im entgegengesetzten Fall, d. h. einer verordnungskonformen Auslegung, ist es Sache des nationalen Gerichts, auf den Transit nachgeahmter Waren die zivilrechtlichen Sanktionen anzuwenden, die das nationale Recht für die anderen verbotenen Verhaltensweisen vorsieht. Die Verpflichtung, das nationale Recht in verordnungskonformer Weise auszulegen, kann jedoch für sich allein und unabhängig von einem Gesetz eines Mitgliedstaats nicht die strafrechtliche Verantwortlichkeit festlegen oder verschärfen.
Aktenzeichen: C-60/02
Quelle: Pressemitteilung des Europäischer Gerichtshofs vom 07.01.2004
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Urteil und Schlussanträge in der Sache C-60/02
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