Der BGH hat entschieden, dass das Angebot der Werbeblocker-Software „AdBlock Plus“ wettbewerbsrechtlich zulässig ist (Urteil v. 19.04.2018, Az. I ZR 154/16).
Die Klägerin, die Axel Springer AG, stellt im Rahmen ihrer Verlagstätigkeit ihre redaktionellen Inhalte auch auf ihren Webangeboten zur Verfügung und finanziert diese über Werbung, die Dritte auf ihren Webseiten schalten können. Die Beklagte, das Unternehmen „Eyeo“, vertreibt die Software „AdBlock Plus“, mit der Werbung auf Webseiten ausgeblendet und unterdrückt werden kann. Hierzu nutzt sie sogenannte Blacklists und Whitelists. Fällt eine Online-Werbung unter die Filterregeln der Blacklist, werden diese Inhalte automatisch blockiert. Unternehmen haben jedoch die Möglichkeit, ihre Werbeanzeigen durch Aufnahme auf die Whitelist von der Filterung ausnehmen zu lassen. Dies setzt voraus, dass die betreffende Werbung bestimmte, von der Beklagten aufgestellte Kriterien für „akzeptable Werbung“ erfüllt und eine Umsatzbeteiligung an den Werbeeinnahmen mit der Software-Anbieterin vereinbart wird. Ausgenommen von der Beteiligung sind kleine und mittlere Unternehmen. Der Nutzer hat auch bei Inhalten auf der Whitelist die Möglichkeit, diese vom Programm entfernen zu lassen. Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Ausschaltung ihrer Werbung eine wettbewerbswidrige gezielte Behinderung sei, weil es der Beklagten vor allem um die Schädigung des Wettbewerbers gehe. Weiterhin werde in die Integrität des Angebots dadurch eingegriffen, dass zusammen dargebotene Inhalte und Werbung auseinandergerissen würden.
Die Eingangsinstanz wies die Klage ab (LG Köln, Urteil v. 29.09.2015, Az. 33 O 132/14). Die Berufungsinstanz hielt den Einsatz eines AdBlockers für generell wettbewerbsrechtlich zulässig, sah jedoch den Einsatz der Whitelist als aggressive geschäftliche Handlung i. S. d. § 4a Abs. 1 S. 1 UWG an (OLG Köln, Urteil v. 24.06.2016, Az. 6 U 149/15).
„AdBlock Plus“ vollumfänglich erfolgreich
Der BGH entschied nun, dass das Angebot des Werbeblockers keine gezielte Behinderung gemäß § 4 Nr. 4 UWG darstelle. Die Beklagte verfolge in erster Linie eigene wirtschaftliche Interessen und habe keine Verdrängungsabsicht. Sie erziele Einnahmen, indem sie gegen Entgelt die Möglichkeit der Freischaltung von Werbung durch die Aufnahme in die Whitelist eröffne, weswegen sie an einem funktionierenden Angebot der Klägerin interessiert sei. Sie wirke auch nicht unmittelbar auf das Angebot der Klägerin ein, da es an den Nutzern liege, das Programm einzusetzen. Eine mittelbare Beeinträchtigung sei hingegen zulässig. Ebenso unterlaufe das Programm keine Schutzvorkehrungen der Klägerin.
Eine Interessenabwägung mit dem Grundrecht der Pressefreiheit der Klägerin führe zu keinem anderen Ergebnis. Der Klägerin sei es zumutbar andere Abwehrmaßnahmen gegen die Software der Beklagten, wie das Aussperren von Nutzern, die die Software installiert haben, zu ergreifen.
Es liege im Angebot der Software auch keine allgemeine Marktbehinderung, weil keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das Geschäftsmodell das Angebot kostenloser Inhalte zerstören werde.
Ebenso liege im Angebot keine aggressive geschäftliche Handlung gemäß § 4a UWG gegenüber Werbeanbietern im Internet, wie sie das Berufungsgericht angenommen habe. Durch den Einsatz der Software nutze die Beklagte eine ihr etwaig zukommende Machtposition nicht in einer Weise aus, die die Marktteilnehmer beim Treffen einer informierten Entscheidung wesentlich einschränke.
Weiterführende Informationen
Pressemitteilung Nr. 78/2018 des BGH vom 19.04.2018 (auf der Webseite des Bundesgerichtshofs) >>
Zusammenfassung der Entscheidungen der Vorinstanzen im Angebot der Wettbewerbszentrale (Login erforderlich)
LG Köln, Urteil v. 29.09.2015, Az. 33 O 132/14 >>
OLG Köln, Urteil v. 24.06.2016, Az. 6 U 149/15 >>
(fw)
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