Wer zu Zwecken der Marktforschung ungebeten bei Privathaushalten anruft, braucht hierfür keine Einwilligung des Angerufenen.
Das AG Hamburg-St. Georg bezweifelte, dass es sich bei solchen Anrufen um unzulässige Werbeanrufe im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG handelt, da Umfragen der Marktforschung nicht dem Zweck dienten, den Angerufenen zum Abschluss bestimmter Rechtsgeschäfte zu animieren und daher auch keine „Überrumpelungssituation“ eintreten könne. Hierauf kam es nach Auffassung des Gerichts in diesem Fall aber nicht an, da Verbrauchern nach dem UWG keine Klagebefugnis zustehe.
Auch einen Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB i. V. m. § 1004 BGB lehnte das Gericht ab. Zwar liege ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Angerufenen vor, dieser sei jedoch nicht rechtswidrig. Einerseits würde bei Telefonanrufen – im Unterschied zu E-Mail- oder SMS-Werbung – weder Speicherplatz verbraucht, noch werde der Angerufene an der Kontaktaufnahme zu anderen Rufnummerninhabern gehindert. Denn diese würden beim Besetztzeichen regelmäßig später erneut anrufen. Andererseits sei zu berücksichtigen, dass ein Verbot von Erstanrufen einen erheblichen Eingriff in die geschützte Berufsfreiheit des Marktforschungsinstituts darstelle.
Ausblick
Für den Fall, dass eine Marktforschungsumfrage zumindest mittelbar der Absatzförderung dient, könnte eine Einwilligung doch erforderlich sein. Eine mittelbare Absatzförderung könnte zum Beispiel vorliegen, wenn Verbrauchergewohnheiten im Auftrag eines Unternehmens abgefragt werden. In diesem Fall wäre der Eingriff in die Privatsphäre des Verbrauchers aufgrund der Tarnung des Anrufszwecks sogar noch gravierender als bei „normalen“ Direktmarketingmaßnahmen
AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 27.10.2005, Az. 918 C 413/03
Quelle: Wettbewerbsrecht Aktuell: Infobrief 45-46/2005
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